150 Jahre Seestadt Bremerhaven OMK Pokallauf
Früher, vor 30 Jahren war eine Fahrt zu so einem entfernten Racing-Ort noch eine Weltreise die sorgfälltig geplant werden musste, denn mein Renntransporter, ein Ford Transit war aus Geldmangel auch nicht mehr der Jüngste. Dazu kam, dass mein treuer Helfer Charly diesmal auch nicht mitkam, weil er anderweitig an einem Kartlauf teilnahm.
Also überredete ich meinen Freund Richard, mich nach Bremerhaven zu begleiten und die Funktion des Helfers zu übernehmen.
Dort angekommen wurde meine Can-Am 500 durch die Abnahme gebracht und für das Freie Training aufgetankt.
Ich instruierte Richard über seine Funktion an der Box und raus ging´s auf die Strecke, die aus Blaubasalt bewertem Kopfsteinpflaster bestand, überstehender, mit weisser Farbe gekennzeichneten Kanaldeckeln nur so übersät war und Eisenbahnschienen die Fahrbahn kreutzten. Trotzdem war das Bremerhavener Fischerreihafenrennen eine meiner Lieblingsstrecken, weil beim Rausbeschleunigen aus den Ecken das Hinterrad bis in den Sechsten durchdrehte, einfach nur geil !
Man stelle sich Kopfsteinpflaster im Regen vor, über das tagsüber die triefenden Fischkisten in die Auktionshallen transportiert wurden, diese Schmiere die zwar notdürftig gereinigt, aber trotzdem in Form von Fischschuppen auf den Slick´s haftete !!!
Ich war in Form und meine Can-Am war´s auch, also was soll da noch schiefgehen ?
Schon im freien Training hatte ich gefühlsmässig keinen Gegner und im Pflichttraining mit Zeitnahme, das gegen Abend stattfand, stellte ich die Can-Am auf Startplatz 1 mit beruhigenden 2,2 sec Vorsprung auf den Zweiten.
Auf der Meile ( Vergnügungsviertel ) wurden am Abend dann die Party´s abgefeiert und dafür ist Bremerhaven bis heute berühmt. Nirgendwo in Deutschland ist das Volk ihren Helden so nahe, nirgend wo diese ausgelassene Stimmung. Die Zuschauer haben freien Eingang ins Fahrerlager, stehen direkt an der Strecke und geniessen pur !
Während des Frühstücks am Morgen vor dem Rennen gab ich Richard klare Anweisungen für die Box, wie die Zeitentafel zu handhaben war und er mir unbedingt den Zeitenabstand zum Verfolger zu zeigen hätte, falls da einer näher kommen sollte.
"Aufruf zur Startaufstellung der Klasse bis 500ccm - ertönte es blechern aus den Lautsprechern "!
Ich ging als Letzter auf die Strecke, liess mir Zeit und rollte nach der Einführungsrunde zwischen meinen Mitstreitern vor zur weissen Linie auf Startplatz 1.
Wie meistens hatte ich den besten Start, vergrösserte kontonuierlich meinen Vorsprung pro Runde um ein, zwei Sekunden, vermisste aber meine Boxentafel, was mir sagte, dass von hinten keine Gefahr bestand.
In der 9. von 15 zu fahrenden Runden stellte ich fest, dass der Bremsdruck vorne immer mehr nachliess, was mich veranlasste meinen Vorwärtsdrang zu reduzieren. In der nächsten und auch in den folgenden Runden keine Anzeige aus der Box. Ich wähnte mich in Sicherheit und dann passierte es in der letzten Runde.
Beim Anbremsen der letzten Doppellinks um eine Fischalle schob sich der Zweitplatzierte Elmar Renner innen an mir vorbei und siegte 200 Meter später mit 2 Hunderstel Vorsprung. Ich hätte vor Wut den Lenker fressen können, rollte ins Fahrerlager und sah Richard, wie er genüsslich am Stand gegenüber unseres Platzes eine Bratwurst verdrückte.
Wo warst Du Arschloch ?
Warum hast Du mir keine Warnung gezeigt, dass von hinten einer kommt ?
Genüsslich schmatzend stammelte er, dass mein Vorsprung so gross war und mich eh keiner mehr einholen würde.
Die Siegerehrung fand gleich im Anschluss statt und als ich sah, dass Elmar zu Ehren der 150 zigsten Jahresfeier der Seestadt Bremerhaven einen
90 cm grossen Goldpokal ausgehändigt bekam und meiner nur 20cm betrug, hätte ich Richard am liebsten erschossen.
Wie die Heimfahrt verlief, könnt Ihr Euch denken !
Bis demnächst !
EMI