"Soichnass" oder warum man im Auto nässer werden kann als auf dem Motorrad

  • "Soichnass" oder warum man im Auto nässer werden kann als auf dem Motorrad


    Warnung: Diese Geschichte ist nicht ganz hasenrein !!!


    Vorweg bedarf es für die, die der schwäbischen Sprache nicht mächtig sind, zuerst einmal eines kleinen Nachhilfeunterrichts. Fürs Wasserlassen oder Pinkeln gibt es hier den Begriff "soicha" oder "bronza". Bei längerem Regen spricht man dann von "Soichwetter",vergleichbar dem norddeutschen "Schittwetter". Und wer in einen Regenschauer kommt und bis auf die Unterhose nass ist, der sagt halt "I bin soichnass".


    Nun, was hat das alles mit dieser Geschichte zu tun?


    Irgendwann so um 1981 odere 1982 hatten wir uns freitags mehrere Mann hoch, zu einem Motorradtreffen (Name und Ort des Treffens lasse ich lieber weg, da ich zu den damaligen Veranstaltern immer noch ein gutes Verhältnis habe) aufgemacht. Die Anfahrt und der Zeltaufbau erfolgte im strömenden Regen. Der Belstaff hatte auch schön dicht gehalten, was nicht immer der Fall war. An ein Lagerfeuer war nicht zu denken, also im Sturmschritt Richtung Festzelt. Da fährt doch ein VW Polo direkt vor dass Festzelt und sein Fahrer, Mitglied des veranstaltenden Motorradclubs, verkündete aus dem herunter gelassenen Fenster sogleich lauthals: "Bei so einem Wetter fahre ich doch nicht mit dem Motorrad, schließlich spinne ich doch nicht." Gekleidet in voller Ledermontur wird er in den folgenden Stunden an der Theke nicht müde, seine Weltanschauung zu verkünden. Die bestand zum einen daraus, dass selbst ein Toni Mang gegen ihn und seine Kawasaki niemals auf der Straße eine Chance hätte und zum anderen, dass alle die bei so einem Wetter mit dem Motorrad kommen und zelten, einen Sprung in der Schüssel hätten. Wir konnten das Geschwätz nur ertragen, in dem wir, wie er, dem Bier zusprachen. Nur was man oben reinleert, muss ja auch wieder raus.
    Als der Druck auf der Blase immer größer wurde, traten wir also zu dritt vor das Festzelt. Es regnete noch immer stark und die Toilette war weit weg. Nun, wenn die einen bei diesem Wetter nicht mit dem Motorrad fahren, kann doch eigentlich auch niemand von uns verlangen, dass wir bei diesem notwendigen Gang nass werden. Also hieß es, im Schutz der Dunkelheit, direkt vor dem Festzelt "Wasser marsch". Nur dumm, da stand ja noch der VW Polo. Dass das Fenster immer noch offen war, haben wir, glaube ich, nicht gesehen. Dieses Austreten wiederholte sich im Laufe des Abends und in wechselnder Besetzung, noch des öfteren. Bei dem Bierkonsum war natürlich der Strahl jedes einzelnen, nicht ohne entsprechenden Druck. Irgendwann hat es uns dann doch gereicht und wir fanden den Weg in unsere Zelte und Schlafsäcke.


    Frühmorgens (so gegen 10.00 Uhr) weckte uns dann auch nicht mehr das Geräusch der Regentropfen auf dem Zeltdach,sondern Durst und Hunger. Außerdem schien die Sonne von einem fast blauen Himmel. Mit leichtem Schädelbrummen und langsamen Schrittes ging es also wieder Richtung Festzelt, vorbei an einem VW Polo, der mit von innen angelaufenen Scheiben immer noch da stand. Auf dem heruntergelassenen Fahrersitz lag ein natoolives Bündel.
    Nach dem 3. Kaffee erscheint dann auch, wesentlich gealtert, der nervige Typ vom Vorabend. Vorwurfsvoll hält er seinen Armeeschlafsack
    in der Hand und beginnt lauthals darüber zu schimpfen, dass er das Fenster aufgelassen und es in sein Auto hineingeregnet hätte. "Alles
    soichnass" wiederholte er mehrmals und erzählte jedem, der ins Festzelt kam, von seinem Malheur. Wir sahen uns nur an und lachten lauthals, den Sitz und Schlafsack waren im wahrsten Sinne des Wortes "soichnass" (hochdeutsch: von unserem Urin getränkt).
    Sobald nur einer das Wort "soichnass" fallen liess, ging das Gelächter wieder los. Bei unserem Aufbruch stand der Arme immer noch an der Theke und ich konnte mir im Vorbeigehen den Kommentar, dass ich doch bei Regenwetter lieber mit dem
    Motorrad zum Treffen fahre,da Belstaff und Zelt anscheinend dichter seien als sein Auto, nicht ersparen.


    PS: ein klein bißchen schäme ich mich heute ja schon für unser damaliges Verhalten, aber wenn diese Geschichte irgendwo und zu später Stunde am Lagerfeuer wieder die Runde macht, geht die Lacherei schon wieder los.