Historische französische Marken
beim
Coupes Moto Légende Dijon 2005

Text: Karl-Heinz Bendix,
Fotos: Karl-Heinz Bendix, Peter Frohnmeyer

Die französische Motorrad-Geschichte ist genauso alt wie die britische oder die deutsche, nur dauerte sie nicht ganz solange, weil die dortige Industrie früher dem Trend zum Auto und dann zum Schluss auch noch dem zum fernöstlichen „Bike“ zum Opfer fiel, als mit Motobecane die letzte überlebende Marke vom Markt verschwand.
Trotzdem erlangten die französischen Motorräder bei weitem nicht die Erfolge auf ausländischen Märkten wie die britischen oder die deutschen, was vielleicht auch damit zusammenhing, dass die französischen Marken sich keinen glorreichen Namen über Rennsporterfolge aufgebaut haben, wie es bei den deutschen und ganz besonders bei den britischen Marken üblich war.
Es gelangten jedoch nur wenige französische Motorräder überhaupt nach Deutschland, so dass die großen französischen Marken hier kaum bekannt und viele Modelle sogar gänzlich unbekannt sind.

Wir wollen daher die Gelegenheit nutzen, hier einige Marken und Modelle vorzustellen, um deren Bekanntheitsgrad „voranzutreiben“.
Wie immer bevorzugen wir keine Marke, weil wir hier keine Markenbrille tragen. Daher werden wir sie in alphabetischer Ordnung abhandeln, und auch diese Ordnung wird nicht zwanghaft „vollzogen“, wie gleich zu sehen sein wird.

Alan


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Wie in allen Ländern ohne Import-Restriktionen wurden JAP-Motoren natürlich auch in Frankreich von den Konfektionären gern verwendet, wie zum Beispiel von dieser ALAN aus der Mitte der 20er Jahre. Wer damals die ohv-Typen einsetzte, dokumentierte damit eindeutig die Bestimmung so eines Motorrades: Es war mindestens ein Supersport-Modell, was damals so gut wie gleichbedeutend war mit „Production Racer“.

Die Rahmen der Serien-Fahrzeuge waren seinerzeit durchweg für die niedrig bauenden sv-Motoren konzipiert, so dass einige konstruktive Klimmzüge notwendig waren, die viel höher bauenden ohv-Motoren darin unterzubringen, wie man hier beim Tank sehen kann.

Alcyon


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Zu den großen sportlichen französischen Marken der Zwischenkriegszeit gehört zweifellos Alcyon, doch nach dem Zweiten Weltkrieg zog man sich bei dieser Firma auf kleine Zweitakter und dann auf Mopeds zurück. Auch hier wurden JAP-Motoren verbaut, nachdem die Produktion eigener Viertakt-Motoren 1922 aufgegeben wurde. 1927 wurde dann das hier zu sehende Modell „350 Super“ vorgestellt, das nominell wieder einen eigenen Motor aufwies, der aber von Zurcher stammte. Kapitalverflechtungen einiger von Alcyon kontrollierter Firmen führten zur nahe liegenden Verwendung dieser Motoren. Die langhubige „350 Super“ gehört heute zu den gesuchten Sportmaschinen der 20er Jahre, etwa vergleichbar mit der 350er Schüttoff in Deutschland.

Follis
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Follis aus Lyon war eine uralte Marke, die schon kurz nach der Jahrhundertwende motorisierte Zweiräder baute. Nach 1945 zog man sich auch hier auf kleine Hubräume zurück, die man natülich vor dem Krieg neben den größeren Hubräumen auch schon im Programm hatte.
Hier sehen wir einen „alten Bekannten“ als Motor im exotischen Rahmen, bei dem ich mich frage, ob Fritz Egli so eine Follis vielleicht als Azubi gefahren hat?

Gnome&Rhone

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Gnome&Rhone erlangte im Ersten Weltkrieg Weltruhm für seine mächtigen Sternmotoren für alles, was Flügel hatte und sich militärisch einsetzen ließ.
Wie viele andere europäische Motorenhersteller auch brauchte man aber in der ökonomisch schwachen Zeit nach dem Krieg andere Produkte, um zu überleben, und auch hier kam man auf Motorradmotoren bzw. dann auch auf ganze Motorräder. Die Parallele zu BMW ist unübersehbar. Gnome&Rhone allerdings nahm zuerst eine Lizenz, und der Lizenzgeber stammt auch aus der Flieger-Branche, nämlich Sopwith in England. Die bauten den für englische Verhältnisse ziemlich exotischen ABC (All British Company) –Boxer, und zuerst übernahm Gnome&Rhone sogar den Markennamen, solange man die ABC weitgehend unverändert produzierte. Dann entwickelte man die ABC eigenständig weiter, denn ABC in England war längst Konkurs gegangen, und so stand nichts mehr im Weg, das eigene Logo am Tank anzubringen.
Als BMW längst mit den Boxern erfolgreich war und seine Modelle auf Blechrahmen umstellte, muss man das bei Gnome&Rhone in Paris präzise beobachtet haben, denn man brachte 1930 einen völlig neuen Boxer ebenfalls im Blechrahmen, den es in ständiger Weiterentwicklung bis zum Zweiten Weltkrieg gab.

Nach dem Krieg mussten kleine Zweirad-Nutzfahrzeuge her, für die ein enormer Markt existierte. Gnome&Rhone stellte natürlich sein Programm entsprechend um,…..

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…..doch im Laufe der 50er Jahre wurden die Zweitakt-Motorräder etwas komfortabler, und Gnome&Rhone folgte natürlich diesem Trend, bis man in Paris zum Ende der 50er Jahre die Lust am ständig schrumpfenden Motorrad-Markt verlor.

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Jonghi

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Giuseppe Remondini erfüllte sich seinen Traum in den frühen 30er Jahren, als er eine eigene Firma etablierte, die fast ausschließlich Sport-Motorräder und „Production Racer“ für die nationale französische Sportszene lieferte, die den Markennamen „Jonghi“ am Tank trugen.
Internationale Bekanntheit erlangte Jonghi spätestens 1936, als George Monneret den 350er Stundenweltrekord mit einer Jonghi auf 170,8 km/h setzte.
Nach dem Krieg überraschte Jonghi mit einem 125er ohc Rennmotor, der eine Zahnradkaskade zur Nockenwelle besaß, und das damit ausgerüstete Motorrad wurde sehr bald die „französische Mondial“ genannt.  Giuseppe’s Sohn Arrigo Remondini holte mit so einer Jonghi 1948 8 Weltrekorde, zB 122 km/h auf der 100 km-Strecke.
Arrigo Remondini übernahm auch die Entwicklungsarbeit an den Rennmotoren, und noch 1960 präparierte er eine 125er Jonghi für einen jungen Nachwuchsfahrer: Jean-Pierre Beltoise. Dabei hatte Jonghi leider schon ein paar Jahre vorher die Pforten geschlossen und die Motorrad-Szene verlassen.

Arrigo Remondini übernahm auch die Entwicklungsarbeit an den Rennmotoren, und noch 1960 präparierte er eine 125er Jonghi für einen jungen Nachwuchsfahrer: Jean-Pierre Beltoise.
Dabei hatte Jonghi leider schon ein paar Jahre vorher die Pforten geschlossen und die Motorrad-Szene verlassen. Arrigo Remondini und Jean-Pierre Beltoise trafen sich ca. 10 Jahre nach Jean-Pierre’s Debut wieder und zwar bei MATRA, wo Arrigo einer der Entwickler des V12-Formel 1-Motors war.
Jean-Pierre hatte mit dem sehr leistungsfähigen MATRA F1 kein Rennglück, wie alle anderen Fahrer dieses Fabrikats auch nicht, solange der eigene V12 eingesetzt wurde. Mit dem Cosworth V8-MATRA holte Jackie Stewart den WM-Titel 1969, und Jean-Pierre Beltoise gewann immerhin den Monte Carlo Grand Prix 1972, aber nicht mehr im MATRA, sondern in einem BRM V12.

Monet-Goyon

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Monet-Goyon hatte in den zwanziger Jahren den Schwerpunkt der Produktion auf kleine Zweitakter gelegt, und diese Marketing-Strategie ging großartig auf, denn die Dinger waren ein echter Verkaufsknüller. Den Grundstein für die großen produzierten Stückzahlen legte man bei Monet-Goyon, als man 1922 ein Lizenzabkommen mit Villiers schloss und anschließend Villiers-Motoren selbst fertigte. Die Beziehung zu Villiers währte bis in die 50er Jahre, doch auch Monet-Goyon überlebte die Motorradkrise der 50er Jahre nicht und stellte 1959 die Produktion ein.

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Diese 50er Jahre Monet-Goyon wurde nicht etwa ausgegrenzt, denn die Ursache dafür, dass sie hinter dem Zaun platziert wurde, liegt ganz einfach darin, dass das Fahrerlager bei diesem Festival aus allen Nähten platzte.

Motobecane / Motoconfort

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Auch Motobecane tummelte sich in den zwanziger Jahren im Markt der kleinen Zweitakter, und das Leichtmotorrad mit dem eigenen Motor verkaufte sich blendend. Davon kamen damals sogar einige nach Deutschland, wo ausländische Motorräder schon eine ausgezeichnete Qualität haben mussten, um sich auf dem heiß umkämpften Markt eine Nische zu sichern.

Dijon_373.jpg Motobecane.jpg (47013 Byte)  50er Jahre Modelle

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Dieser 125er Zweitakt-Twin war die letzte Motobecane-Motorrad-Entwicklung, die ein paar Jahre Serienproduktion erlebte.

Motobecane war ursprünglich als Zweit-Marke von Motoconfort geschaffen worden, wurde aber im Laufe der Zeit die wichtigere der beiden Marken, doch es gab beide parallel bis in die frühen 60er Jahre, als der Markenname Motoconfort dann nicht mehr weiterverwendet wurde.   
Motobecane überlebte dann noch wesentlich länger, und vielen am Rennsport Interessierten ist sicherlich noch die GP-Beteiligung von Motobecane ab den späten 70er Jahren in Erinnerung, zum Beispiel mit Fahrern wie Thierry Espié und Guy Bertin.
Doch trotz aller Sporterfolge konnte die Marke auf Dauer nicht fortbestehen, obwohl die Mopeds noch lange in guten Stückzahlen absetzbar waren. Zumindest die Fertigung der unter der alten Abkürzung MBK vertriebenen Scooter konnten unter diesem Namen weiter bestehen, auch wenn sie kapitalmäßig nicht mehr zur alten Motobecane gehörten.

New Map

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Bekanntlich wacht in Frankreich das Institut de Langue Francaise darüber, dass die französische Sprache rein gehalten wird von nichtfranzösischen Einflüssen.
Doch bei der NEW MAP hat es in den frühen 20er Jahren versagt. Vermutlich besaß sogar in Frankreich zur Zeit der dominierenden britischen KFZ-Industrie ein anglizistischer Name für eine Motorradmarke eine starke Anziehungskraft bei den potentiellen Kunden.
Vielleicht lag es daran, dass NEW MAP ein längeres Markenleben beschieden war als den bei weitem meisten anderen Konfektionären auf dem französischen Markt, denn NEW MAP fiel erst der Motorrad-Krise in den späten 50er Jahren zum Opfer. Vorher hatte man noch erfolgreich den Sprung auf den Moped-Markt geschafft, doch wie bei vielen deutschen Marken auch konnte das die Verluste bei der Motorrad-Produktion nicht kompensieren.
Die hier zu sehende NEW MAP wurde mit einem auch in Deutschland gern eingesetzten ioe-MAG-Motor ausgerüstet.

Peugeot 

Peugeot war ein Fahrrad-Pionier in Frankreich, und dadurch kam man ganz natürlich zum motorisierten Fahrrad. So wurde Peugeot eine der Marken, die ganz entscheidend zur Entwicklung des Motorrades, das sich von seiner Fahrrad-Abstammung getrennt hatte, beitrug.
Auf diesem Entwicklungsweg war allerdings im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts noch nicht ganz klar, ob sich nicht vielleicht doch die „Tricycle“ als neue Fahrzeug-Kategorie durchsetzen würde, aber ganz besonders die in dieser Zeit bereits errungenen Rennsiege der motorisierten Zweiräder trugen entscheidend dazu bei, dass sich das Motorrad behauptete und die Tricycles verschwanden. Allerdings kehrten dann 80 Jahre später „Trikes“ auf die KFZ-Szene zurück, doch wir sind hier noch in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.
Nachdem Peugeot zuerst natürlich Konfektionär war und die benötigten Motoren zum Beispiel von
de Dion bezog, fiel frühzeitig die Entscheidung, eigene Motoren einzusetzen.
Die ersten als eigene Motoren bezeichneten Triebwerke stammten zwar noch von Zedel, aber 1903 konnte Peugeot dann seine Motorräder wirklich mit eignen Motoren ausrüsten, die kurzfristig einen überragenden Ruf errangen, so dass Peugeot sogar zum Motoren-Lieferanten wurde. Ein Peugeot-Kunde ist weitläufig bekannt: Norton!
Selbst im Mutterland des Motorrad-Rennsports konnten die Peugeot-Triebwerke erfolgreich konkurrieren, und Rem Fowler’s Sieg bei der ersten TT auf der Isle of Man 1907 in der Zweizylinderklasse sorgte für beste Werbung für Peugeot, denn im Norton-Rahmen steckte ein Peugeot-V-Twin.
Kurze Zeit später definiert Peugeot das Leichtmotorrad, das „Moto Légère“, und schafft dafür sogar einen neuen Markennamen: „Lion“. Wer das heute noch auf den Peugeot-Automobilen zu findende Wappentier der Marke kennt, weiß, warum dieser neue Markenname nahe liegend war. So fand man ab dieser Zeit den Schriftzug „Lion“ auch auf den Motoren.
1913 dominierte Peugeot mit der V2-Lion die Fernfahrt Paris-Nice (Nizza), und so erschien im Jahr danach eines der ersten Supersport-Motorräder der Geschichte auf dem Markt:
die Peugeot „Paris-Nice“, mit Peugeot am Tank, und „Lion Peugeot“ auf dem Kurbelgehäuse.

MLNA00441.jpg (65695 Byte) In Dijon trat eine solche „Paris-Nice“ im sensationellen unrestaurierten Zustand an!

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Die modern anmutende Langschwinge vorn („Systeme Truffaut“) gab es schon einige Jahre gegen Aufpreis bei Peugeot, aber bei der „Paris-Nice“ hatte eine starre Gabel vorn natürlich nichts mehr verloren. Diese hervorragend restaurierte „Paris-Nice“ war das zweite in Dijon zu sehende Modell!


Das Peugeot-Werksteam war zu dem Zeitpunkt aber bereits auf einem ganz schnellen Gerät unterwegs: Die Kollegen von der Rennwagen-Konstruktion hatten einen Vierventil-dohc-Motor zum Einsatz gebracht, ein ganz wichtiger Meilenstein in der Geschichte der Rennmotorenentwicklung, und dieses Konzept übernahmen die Kollegen von der Rennmotorrad-Konstruktion für einen Paralleltwin. Dieser Motor war ein so großer Wurf, dass er auch noch in den 20er Jahren für Furore sorgte, natürlich mit einigen konstruktiven Anpassungen im Laufe der Zeit modernisiert und dann sogar auf einen 4V-ohc-Kopf „entfeint“. Bevor Peugeot 1927 dem Rennsport aus ökonomischen Gründen Adé sagen musste, gab es einige ganz wenige Derivate des Twins mit halbierter Zylinderzahl, und für mich war es eine der Sensationen von Dijon 2005, dass so eine ohc-Peugeot zu sehen war.

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Peugeot florierte bis zum Krieg und hatte anschließend sich wie alle anderen Hersteller auch auf die Markterfordernisse einzustellen, und wie bei so vielen anderen auch gab’s also ein Programm mit kleinen Zweitaktern. Noch einmal gab es ein Sportmotorrad im Programm, die 176 GS, die auf der 1951 erschienen 176 TC4  basierte. Dieses Modell schlug sich prima im Amateursport der Saison 1952, so dass sich Peugeot zu einem Werkseinsatz beim Bol d’Or entschloss. Der bestplatzierte Pilot André Bouin holte einen souveränen Klassensieg und Platz fünf im Gesamtklassement. So nannten die Peugeot-Fans die Ende 1952 vorgestellte 176 GS stets nur „Bol d’Or“. Leider haben wir keine 176 GS in Dijon sichten können, sondern nur den Traum einer „Bol d’Or“ eines Bastlers.

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Aber es gab einige schöne Exemplare der anderen Serien-Peugeots der 50er Jahre:
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Rovin

MLNA0021.jpg (53674 Byte) Rovin.jpg (41648 Byte)

Raoul de Rovin war Rennfahrer, Konstrukteur und KFZ-Produzent in einer Person.
Er tüftelte jahrelang an innovativen Konzepten zur individuellen Personen-Beförderung, doch die Motorräder der seiner Familie gehörenden Marke Rovin waren konventionell konstruierte Konfektions-Modelle. Anderenfalls wäre die Firma auch schon eher vom Markt verschwunden, doch in der Weltwirtschaftskrise verlor Rovin erst seine Selbstständigkeit, und im Laufe der 30er Jahre ließen die neuen Herren von Rovin auch noch den Markennamen verschwinden.
Nach dem Krieg glaubt de Rovin, dass nun seine Stunde gekommen sei, intelligente Kleinwagen-Konzepte fertigungsreif zu entwickeln, aber auch diesen Bemühungen war kein kommerzieller Erfolg beschieden.

Terrot

Nun sind wir endlich im Alphabet zu Terrot vorgedrungen, denn bei der Marke handelt es sich um die Lokal-Matadoren, denn erstens wurde Terrot in Dijon gegründet, und zweitens war Terrot in der ganzen Zwischenkriegszeit die uneingeschränkte „Nummer Eins“ der französischen Motorrad-Szene. Die Fans und Besitzer dieser Maschinen nannte man übrigens „Terrotristes“ (phonetisch: „Terroristen“). 1902 begann die Produktion von konfektionierten Motorrädern, und schon 1903 entschloss man sich zur Entwicklung eigener Motoren, obwohl auch weiterhin die Motoren etlicher Terrot-Typen eingekauft wurden.

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Hier sehen wir eines der rassigen Terrot-Supersport-Modelle der zweiten Hälfte der 20er Jahre, vermutlich die HHS von ca. 1926, mit dem damals überragend schnellen ohv-JAP ausgerüstet: damals ein echtes „Dream-Bike“ für die Terrotristen!

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 In den 30er Jahren verkörperte Terrot dann das Ideal des luxuriösen französischen Motorrades, obwohl die Marke nie die „Brot-und-Butter“-Motorräder aus dem Auge verloren hatte und die ganzen dreißiger Jahre lang Zweitakt-Typen mit 100, 175 und 250 ccm produziert hat. Nur mit so einer Modellreihe konnte Terrot schließlich Marktführer werden.

Marktführer wurde und blieb Terrot aber auch, weil sie mit Magnat-Debon einen wichtigen Wettbewerber übernahmen.
(Merkwürdig nur, dass wir keine Magnat-Debon in Dijon vor die Kameras bekamen?)
Terrot führte dann ein Zwei-Marken-Programm bis in die 50er Jahre, aber zu dem Zeitpunkt, als zuerst Magnat-Debon als Marke vom Markt verschwand, war Terrot längst unter den Kapital-Einfluss von Peugeot geraten. So wurde dann 1961 auch die Motorrad-Produktion von Terrot eingestellt.

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Zuvor hatte man in den 50er Jahren noch versucht, zuerst mit anspruchslosen Gebrauchsmotorrädern wie dieser sv 350er und mit avantgardistisch gestylten ohv-500ern erfolgreich zu sein, doch das nutzte wie bei so vielen anderen Firmen in der Motorradkrise der 50er Jahre nichts mehr.

Velosolex

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Ein typisches französisches motorisiertes Zweirad dürfen wir hier auf keinen Fall vergessen, obwohl sie nicht unter den offiziellen Teilnehmern des Festivals zu finden war:
die Velosolex, das genial einfache motorisierte Fahrrad. Zumindest war es das ursprünglich, nämlich ab dem ersten Prototyp 1940 (!). Als die Serienfertigung 1946 begann, war der Rahmen schon verstärkt und bereits 1955 bekam die Velosolex den Rahmen, wie wir ihn allgemein in unserer Vorstellung mit dem Gerät verbinden, weil sie in der Form in beachtlichen Stückzahlen auch nach Deutschland importiert wurde. Bis 1988 lief die Serienproduktion.
In Dijon sah man sie im Fahrerlager natürlich „an allen Ecken 'rumstehen“, und wir möchten ihr hiermit ein kleines Denkmal setzen!

Condor

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Jetzt haben wir die alphabetische Ordnung erstmals durchbrochen, denn wir schauen über die französische Grenze, in’s Jura, also in die frankophone Schweiz, nach Courfaivre zu Condor, einer ebenfalls in den ersten Jahren des vergangenen Jahrhunderts gegründetetn Motorrad-Marke. Die belieferten traditionell die Schweizer Armee mit Töffs, und da die Armee-Führung direkt nach dem Krieg die deutschen Armee-Boxer von BMW und Zündapp studiert und für gut befunden hatte, wollte man so etwas auch haben. Also musste Condor einen Boxer konzipieren, und die Modelle A 580 (solo) und A 750 (Gespann) entstanden, wobei das „A“ in der Typenbezeichnung natürlich für „Armee“ stand. 1953 bekam die A 580 eine Hinterradfederung spendiert und wurde so zum Modell A-580-i, doch schon im weiteren Verlauf  der 50er Jahre wurde klar, dass so ein Motorrad keinen militärischen Sinn mehr machte, und so wurde mit der A 250 ein leichtes Armee-Motorrad geschaffen, das man in den Alpen für besser geeignet hielt im Armeeeinsatz.
In Dijon stand diese A 580-i im vollen Militär-Trim, die wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen, und die daher von uns einfach bei den französischen Motorrädern „eingeordnet“ wird.

Pernod

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Zum Schluss unserer kleinen Expedition durch die französische Motorradgeschichte kehren wir notwendigerweise nach Frankreich zurück, denn wir stellen abschließend noch ein Rennmotorrad vor, das mit einem Namen verknüpft ist, der direkt mit guter französischer Lebensart verbunden ist: mit Pernod.
Dieser bekannte Aperitif-Hersteller sponsorte die Entwicklung eines 250er Drehschieber-Twins, die 1981 von Jean Bidalot geleitet wurde. 1982 wurde die Pernod dann mit Thierry Espié und Christian Estrosi eingesetzt, und es fiel dem Team recht schwer, sich in der Klasse zu etablieren. So war Espié’s dritter Platz in Hockenheim beim letzten GP des Jahres das beste Ergebnis dieser Saison, aber immerhin hatte man es einmal auf’s Treppchen geschafft.
1983 wurde Jacques Bolle mitten in der Saison auf die Pernod gesetzt und gewann bei seinem zweiten GP auf dem Gerät sensationell in Silverstone. Doch leider blieb dieser Erfolg eine „Eintagsfliege“, denn Bolle konnte sich nicht dauerhaft in der Weltspitze etablieren.
1984 sah man auch Jean-Francois Baldé auf der Pernod, doch ein vierter Platz (wieder in Silverstone, der Kurs lag dem Twin offensichtlich!) war die beste Platzierung des Jahres, so dass sich Jean-Francois auf Platz 9 der Jahresendabrechnung wiederfand.
1985 fährt er aber erneut die Pernod, doch die ist in diesem Jahr noch weniger konkurrenzfähig, und das sind nicht die Ergebnisse, die sich ein großer Sponsor vorstellt, und so kam die GP-Beteiligung der Marke Pernod zum Abschluss.
Obwohl der Pernod also der durchschlagende Erfolg versagt blieb, freuten wir uns sehr, die Pernod in Dijon wiederzusehen!

Voxan

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Nach Motobecane’s Rückzug vom Motorradmarkt gab es in Frankreich keinen nennenswerten Motorradproduzenten mehr, aber in der Mitte der 90er Jahre wurde Voxan gegründet, und 1997 waren die ersten fahrfertigen Protoypen testbereit, und im Sommer 1999 begann die Produktion der 72° V2-1000er!

www.classic-motorrad.de wünscht: bonne route, Voxan!


weitere Infos bei www.classic-motorrad.de zu der Veranstaltung in Dijon



Coupes Moto Légend
e 2005
50 Years of Yamaha



Coupes Moto Légende
 Dijon 2005

Text: Karl-Heinz Bendix
Fotos: Karl-Heinz Bendix, Peter Frohnmeyer

copyright: classic-motorrad.de