Verfasst von Manfred Woll. Veröffentlicht in Stories

 

Anmerkungen zu Claude Vigreux

Claude Vigreux sah ich erstmals in der "Moto Revue“, gekauft im Frankreichurlaub 1963. Da hatte er gerade die Klasse 50 Sport beim Rundstreckenrennen von Annemasse auf einer weitgehend serienmäßigen Kreidler Florett gewonnen, und von solch einer Kreidler träumte ich natürlich damals im Vormopedalter. Dann sah ich ihn wieder im „Motorrad“ und zwar bei den von Kreidler in Monthlery durchgeführten Langstreckenweltrekorden der 50er Klasse im Spätjahr 1964. Da war er als Ersatzfahrer gesetzt und sprang für Rudi Kunz ein, der sich bei einem Trainingssturz verletzt hatte.

ATT00124Für solch einen Einsatz war Vigreux genau der richtige Mann, da er auf diesem Kurs im Oktober 1962 schon im Team von George Monneret bei den Langstreckenweltrekorden auf der 50er VAP-Sachs ebenso erfolgreich gefahren war wie bei den Langstreckenweltrekorden von Monneret auf der 350er Velocette Viper Clubman im Juli 1963. Hier in Monthlery kam er mit der 3x4-Gang Schaltung der Werkskreidler auf Anhieb so gut zurecht, dass er für die Saison 1965 eine solche Maschine erhielt, mit der er in der Französischen Meisterschaft starten durfte. Damit ersetzte er quasi den für 1965 zum Formelrennwagen abgewanderten Jean Pierre Beltoise, welcher bisher eine solche Werkskreidler an den Start gebracht hatte. Aber diese Hintergrundinformationen blieben mir damals verschlossen und Claude Vigreux ruhte nach diesen Rekordfahrten Ende 1964 erstmal in der Historienschublade..


ATT00126Erst viele Jahre später, noch vor dem Internetzeitalter, entdeckte ich - Dank „Moto Revue“-Archiv - Claude Vigreux aufs Neue und konnte seine erstaunliche Karriere nachverfolgen. Mittlerweile ist er im Internet sehr präsent, seine fünf Jahre dauernde Erfolgsgeschichte ist fast lückenlos nachzulesen und viele Details zur Person runden das Bild des zu seiner Zeit talentiertesten französischen Motorradrennfahrers ab. Dazu findet man sehr viele Fotos von ihm im Internet, weshalb diesem Bericht einige in der Wiedergabe weniger gute, dafür aber bislang unbekannte Fotos beigefügt sind.

Natürlich hatte er einen leichten Einstieg in den Sport Dank seines Wohnsitzes in Paris und des schier unbegrenzten „Sponsoring“ seiner Großmutter, Dank seiner Freundschaft zu Jean-Pierre Beltoise und Dank einem engen Kontakt zu dem französischen Morini-Importeur Couturier, welcher sehr früh das Talent des jungen Claude erkannte. Dank Couturier begann seine Karriere mit einem Paukenschlag: Bei seinem Debüt im August 1962, beim Bergrennen Lyons la Foret siegte der gerade mal 18jährige mit Morinis des Importeurs sowohl in der Klasse bis 175ccm, als auch in der Klasse 175 bis 350ccm, hier mit einer 250er Morini. Dabei fuhr er mit der 250er absoluten Streckenrekord und war schneller als Beltoise mit der 650er Matchless!

Vigreux auf Siegesfahrt in Monthlery am 16.4Im gleichen Jahr startete er noch auf einer von Couturier getunten 50er BM und auf einer vom Velocette-Importeur zur Verfügung gestellten 500er Venom. Er war einer der wenigen Fahrer, welche in allen Hubraumklassen siegreich waren und auf einer Vielzahl von Motorradmarken starteten, von der – zu langsamen – 50er BM, über Kreidler, Morini, Motobi, Bultaco, bis hin zur Matchless G50 und 1967 schließlich zur ersten Matchless-Metisse in Frankreich.

An ein weiteres Highlight sei erinnert, und zwar an den „Coupe de Salon“ im Oktober 1964 in Monthlery, wo er als frischgebackener Fahrer der „Inter“-Klasse mit der Stoßstangen Velocette der gesamten französischen OHC-Elite in der 500er Klasse das Hinterrad zeigte – was ihn umgehend auf das Titelblatt der „Moto Revue“ brachte. Weniger bekannt ist, dass er für diese Zeitschrift bis zu seinem Unfall auch technische Artikel redigierte, da er eine umfassende Ausbildung in Motorradtechnik durchlaufen hatte.


Im Nachhinein war es eine entsetzliche Tragödie, dass dieses große Talent in Mettet durch kriminelle Schlamperei der Streckenbetreiber bei den Sicherheitsvorkehrungen an einem Punkt seiner Karriere sein Leben verlor, an dem er auf bestem Wege war, sich im Continental Circus zu etablieren. Wie hoch er auf der Erfolgsleiter wohl noch gestiegen wäre, kann in der Rückschau leider nur spekuliert werden. Bei alledem stimmt einem heute die Tatsache versöhnlich, dass Dank Internet auch 50 Jahre nach dem Tod von Claude Vigreux die Erinnerung an ihn und seine Erfolge wachgehalten wird. Verdient hat er es allemal.  


2017 juli 1 Vigreux Sieg in Rouen 1965

 Vigreux Sieger Cote Lapize 1967 auf Matchless MetisseVigreux Sieger Cote de Meru 1967 auf Velocette

 Vigreux Sieg beim Coupe de Salon 1965 auf Morini

Drucken