Express – eine vergessene Motorradmarke?
 

Fotos + Text: Jochen Bangert

Im Jahr 2009 wurde in Neumarkt in der Oberpfalz das Museum für historische Maybach-Fahrzeuge eröffnet. Dieses Museum präsentiert mit bis zu 20 historischen Maybach-Fahrzeugen, bemerkenswerterweise in den unterschiedlichsten Erhaltungszuständen und versehen mit den „Lebensläufen“, eine einmalige Ausstellung über die Geschichte und Produkte von Karl und Wilhelm Maybach. Eine Abrundung erfährt dies durch Motoren, Getriebe, Achsen, Modelle und vielem mehr. Dazu gehört auch eine weiße Mars, deren 2 Zylinder–Boxermotor mit 956 ccm Hubraum bei Maybach in Friedrichshafen am Bodensee gebaut wurde. Die alleine lohnt jedoch einen Besuch dieses Museums für den Zweiradfan noch nicht.


019 Express Ausstellung

Dieses ist nämlich dort untergebracht, wo von 1884 bis 1959 die Firma Express Fahrräder, Mopeds und Motorräder herstellte. Dass diese Motorradmarke auch 50 Jahre nach ihrem Ende in Neumarkt noch nicht vergessen ist, beweist die im Museum integrierte Express-Sonderausstellung.

Die hier gezeigten Zweiräder stammen im Wesentlichen aus den 1950er Jahren. Nach dem 2. Weltkrieg lief die Produktion mit dem Modell „Radex 125“ an und schon 1951 gab es 4 verschiedene Modelle zwischen 98ccm und 150ccm. Das Programm wurde bis hin zu 250ccm ausgebaut. Die 98er Modelle trugen einfache Buchstaben-Zahlenkombinationen wie SL 107 oder SLD 108 und wurden ausschließlich von Fichtel&Sachs Motoren angetrieben. Dagegen wurde in den 125er Radex-Modellen zunächst Ilo-Motoren aus Pinneberg verbaut. Nur im letzten Modell dieser Produktreihe kam ein BP-Küchen Motor zum Einsatz. In der 150cc-Klasse waren dann wieder ausschließlich die Fichtel&Sachs Motoren als Antriebsquelle vorgesehen. Wechselseitig kamen die Produkte aus Schweinfurt mit denen aus Pinneberg in den Radex 175 Varianten zum Einsatz. Bei den Express-Modellen mit 200cc und 250cc wurden dann in Neumarkt nur noch Ilo-Motoren verbaut. Nach unten abgerundet wurde das Programm bei den 50ern mit den Radexi-Mopeds, welche in den verschiedensten Ausführungen und Ausstattungen in den Verkauf kamen.

Express, die Marke mit dem springenden Windhund als Logo, verkaufte im Jahr 1953 ca. 6000 Maschinen und war damit sicherlich einer der erfolgreichsten deutschen Konfektionäre. Aber dann sank der Absatz ständig. 1958 kam die Fusion mit DKW und Victoria zur Zweirad-Union Nürnberg. Nur ein Jahr später wurden die Werkstore in Neumarkt geschlossen.

Diese Ausstellung in tollem Ambiente am ehemaligen Herstellungsort gibt einen Überblick über die Nachkriegsproduktion von Express. Krönung ist sicherlich ein Prototyp von 1955, bei dem der 4-Zylinder Nimbus Motor aus Dänemark in den Rahmen einer 255er Radex verpflanzt wurde.

Aber auch an anderer Stelle in Neumarkt und das schon seit vielen Jahren, wird die Erinnerung an die Marke Express wachgehalten. Im Stadtmuseum, welches zu einem stadtgeschichtlichen Rundgang durch die reichhaltige Vergangenheit von Neumarkt einlädt, findet man eine Dokumentation zu Express. Hier werden die frühen Erzeugnisse der Firma wie Hochräder oder ein klappbares Militärrad gezeigt. Schließlich wurde die Firma schon 1882 gegründet und soll sogar die erste Zweiradfirma in Deutschland gewesen sein. Bereits zwischen 1903 und 1907 wurden die ersten Motorräder hergestellt, davor und danach konzentrierte man sich auf den Fahrradbau. Und in den Rahmen eines solchen wurde dann 1930 ein 74cc Sachs Motor eingebaut und die Produktion von motorangetriebenen Zweirädern wieder aufgenommen. Die Verwendung der 98cc Motoren von Sachs machte allerdings den Bau eines stärkeren Rahmens notwendig. Dabei kooperierte man auch mit der Firma Hecker aus Nürnberg.

Lust auf Express oder einen interessanten Teil der deutschen Motorradgeschichte? – ab nach Neumarkt in die Oberpfalz.


001 Express Fahrraeder
004 Express 98cc Baujahr 1939 021 Express Radexi I Baujahr 1952
024 Express Radex 102
035 Express Prototyp Rahmen Modell 255 Motor 4 Zyl. von Nimbus 028 Express Radex 255 Ilo-Twin Motor Baujahr 1955

Infos: www.automuseum-maybach.de oder www.neumarkt.de.

Ein herzliches Dankeschön an die Leiterin des Museums in Neumarkt, Frau Petra Henseler M.A., für die Freigabe der Bilder zur Veröffentlichung.