Motorradrätsel - 195
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Sachsenring 1953 / 54 ?
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Sachsenring 1955
Ja, das ist der Start der 250er Klasse am Sachsenring 1955. Die vorderen Reihen sind schon weg, hier sehen wir 127 Hans Joachim Scheel auf AWO, 101 Siegfried Haase auf MZ, 102 Horst Fügner auf MZ, 121 Werner Rosenbrock auf AWO und 129 Bruno Böhrer auf einer Parilla. Gewonnen hat schließlich Hallmeier vor Brand und Baltisberger, alle auf NSU. Von den beiden MZ fiel Haase noch in der vorletzten Runde aus, Fügner wurde Neunter.
pierrot
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Respekt Pierrot ! Du kennst alle " Alte Hasen "...........klingt , als wärst du vor Ort gewesen !?
Horst Fügner ist mir ein Begriff.........den sah ich noch am Autobahnkurs in Liefering ( G.P. Österreich 1. Mai )
Na , für Einen von " nördlich der Donau ".........war ich ja nahe dran !
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Erstaunlich, zumindest für mich, dass man bei den MZ des Jahrgangs 55 noch keinen Resonanzauspuff sieht. Erich Wolf war da mit der Dreizylinder RM 350 von 1952 anscheinend schon ein Stück voraus, auch wenn Kaaden von manchen Journalisten, wie z.b. Mat Oxley, als Erfinder dieser Technik hervorgehoben wird.
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Walter kaadens größte und unbestrittene Leistung ist nmM. die geschickte Kombination der verschiedenen Entwicklungen im Bereich der Zweitakttechnik. So ist ja auch der fliegend gelagerte Drehschieber vom Erfinder Daniel Zimmermann aus Luckenwalde zuerst an dessen eigenen (auf RT125 basierenden) ZPH Rennmaschinen verwendet worden und erst etwas später bei den Werksmaschinen aus Zschopau eingesetzt worden. Wobei die erste Serie der Motoren für das Werk von Zimmermann selbst umgebaut und geliefert wurden. Aber das ist eine andere Geschichte, die von Matt Oxley überhaupt nicht erfasst worden ist. Irgendwann, hoffentlich noch zu meinen Lebzeiten, gibt es die ganze gründlich recherchierte Story mal zu lesen .....
Gruß
Karl
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Hans-Joachim Scheel habe ich persönlich durch einen großen Zufall kennengelernt. Einige Mitarbeiter aus meiner damaligen Firma in Warburg hatten von einem Orthopäden mit diesem Namen erzählt, den die Einheimischen im Spaß als den "Knochenbrecher" bezeichneten. Bei der Bevölkerung war er sehr beliebt und als Arzt anerkannt. Über seinen Hintergrund wusste niemand etwas. Am 2. Weihnachtsfeiertag 2005 sind Karl-Heinz Bendix und ich einfach mal hingefahren und haben an seiner Haustür geklingelt. Und tatsächlich handelte es sich um den ehemaligen DDR-Rennfahrer. Er hat uns dann einen Koffer voll Fotos aus seiner aktiven Zeit gezeigt und war sichtlich erstaunt, dass ihn jemand aus dem Westen kannte. Wann und wie er in die BRD kam, weiß ich leider nicht.
2015 ist er in seiner Wahlheimat Warburg gestorben.
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Erstaunlich, zumindest für mich, dass man bei den MZ des Jahrgangs 55 noch keinen Resonanzauspuff sieht. Erich Wolf war da mit der Dreizylinder RM 350 von 1952 anscheinend schon ein Stück voraus, auch wenn Kaaden von manchen Journalisten, wie z.b. Mat Oxley, als Erfinder dieser Technik hervorgehoben wird.
Hä?
Erich Wolf gehörte noch zu den - ich formuliere es vorsichtig - an Motorrad-Rennsport-Technik Interessierten, die mit den damals führenden Viertaktern mit "analogem mechanischen Aufwand" konkurrieren wollten. Walzendrehschieber zum Beispiel kannte man bei DKW (damals noch in Zschopau) bereits in den 30er Jahren, aber mit Ladepumpenmotoren, die sich den Luftaufwand mit einer "erzwungenen Schwingung" erkauften. Beim Saug-Zweitakter ab 1951 war das (damals) stets (reglementskonform) eine "freie Schwingung", und dabei war der Walzendrehschieber aufgrund des mechanischen Aufwandes und der Reibung sinnlos. (Obwohl er einen Teil des Ansaugvorgangs zu einer erzwungenen Schwingung wandeln konnte.)
Wolfs Motoren waren durch die Bank auffällig durch mickrige Leistungs-Daten, so auch der erste 350er Dreizylinder von 1952. Wolf begegnete dem Leistungs-Manko durch bedingungslosen Leichtbau. Das war für einige frühe Erfolge ausschlaggebend, die Motorleistung aber überhaupt nicht. Im Gegenteil! Zudem lag ein massives Risiko im Wolf'schen Leichtbau. Ewald Kluges Crash am Nürburgring, der seine Karriere beendete, war ein Beispiel dafür. Wolf war "so eine Art Colin Chapman-Vorläufer" der 50er Jahre. Bei Görg wurde das dann anders. Dem war der Wolf'sche Leichtbau viel zu riskant.
Die Viertakter hatten bereits viele Jahre zuvor mit Megaphonen und manchmal sogar mit abschließenden Gegenkonen einen zuweilen sehr wirkungsvollen Ansatz gefunden, den Ladungswechsel zumindest nahe der Nenndrehzahl zu optimieren. Man kannte aber auch die "Megaphonitis" als kontraproduktiven Effekt unterhalb der Nenndrehzahl.
Das wichtige "Drehmomenten-Band" konnte mit fehlausgelegten Megaphonen nachhaltig beeinträchtigt werden. Immerhin haben sie schön gelärmt.
Daher versuchten Zweitakt-Entwickler, ähnliche Effekte durch "Trial & Error" zu finden. Bei Wolf war das, solange er in Ingolstadt für die Rennmotoren zuständig war, halt stets Error. Es soll an dieser Stelle aber bereits darauf hingewiesen werden, dass es durchaus positive Effekte gab, die zwar keine leistungssteigernden waren, aber den Motor thermisch entlasten konnten, wenn zum Beispiel mit der Auspuff-Geometrie ein abgesenkter Abgasgegendruck erzielt werden konnte. Aber wie gesagt, damit hat man zumindest den Zweck verfehlt, die Leistung zu steigern. Wolf hatte jedenfalls wie damals viele andere auch keinerlei Wissen darüber, was sich im Abgassystem derartiger Motoren "abspielte".
Ich habe vor langer Zeit schon einmal darauf hingewiesen, und zwar hier:
http://www.classic-motorrad.de…rg-mz-web/index-teil1.htm
Walter Kaaden wusste schon lange, dass er die IFA- (später MZ-) Rennmotoren mit Megaphonen thermisch entlasten konnte. Die Diffusor-Wirkung konnte bereits - wenn man es richtig macht - genutzt werden zur Verbesserung des Luftaufwands, und der Abgasgegendruck konnte so auch noch minimiert werden, was die Ladungswechselarbeit verkleinerte, die schließlich vom Motor aufgebracht werden muss, und die die Nutzarbeit reduziert.
Dann kam es zu dem (im Artikel unter dem Link oben bereits erwähnten) Austausch mit dem Leistritz-Ingenieur Wilhelm Huelsse. Der war damals der erste und damit der einzige, der die Fluidodynamik solcher kleinen Zweitaktmotoren (im Unterschied zum Beispiel zu großen Zweitakt-Schiffdieseln) komplett verstanden hat, und zwar weil ihm sein Arbeitgeber die notwendige teure Messtechnik finanzierte.
Huelsse wurde 1968 für seine Pionierleistungen auf diesem technischen Gebiet von der SAE mit einer Einladung zur SAE-Small Engines Conference geehrt, und er hat (was bei SAE-Papers ungewöhnlich ist, die sich sonst mit neuen Entwicklungen befassen) in einem SAE-Paper und dem gleichnamigen Vortrag über seine seinerzeitigen Erkenntnisse zur Abgas-Dynamik von Zweitaktmotoren in den 50er Jahren berichtet. Das SAE-Paper kann man heute noch von der SAE erwerben:
SAE-Paper 680469
"Investigation and Tuning of the Exhaust System of Small Two Stroke Cycle Engines"
Wer sich für den leistungsbestimmenden Ladungswechsel von Zweitakt-Rennmotoren wirklich interessiert, sollte das Paper kennen.
Als sich Huelsse und Kaaden in dieser Sache austauschten, kam als "erleichternder Punkt" noch hinzu, dass beide die gleiche technische Sprache der Ingenieure sprachen. Kaaden hat Huelsses Erkenntnisse und Erläuterungen unmittelbar verstanden. Huelsse konnte sich ihm präzise mitteilen.
Dass es noch eine geraume Zeit dauerte, bis das neue Wissen bei den Rennmotorrädern auf der Piste zum Einsatz kam, lag anfangs besonders daran, dass die Motoren die bemerkenswerte Mitteldrucksteigerung weder thermisch noch mechanisch verkrafteten. Es musste an vielen Stellen sehr viel Detailarbeit geleistet werden, ehe die kombinierte, abgestimmte Diffusor- und Reflektor-Wirkung leistungssteigernd zuverlässig auf den Rennstrecken zum Einsatz kam. Kaaden hatte das Glück, dass in der zweiten Hälfte der 50er Jahre der MZ Betriebsdirektor Sibbe voll und ganz auf Kaadens Fähigkeiten vertraute und ihm in Berlin das Budget für die benötigte teure Messtechnik besorgte.
Abschließend noch eine m. E. notwendige Bemerkung: die schreibende Zunft hat mangels Kenntnissen (woher hätten sie die denn auch haben können?) in den 50er Jahren die neuartige Geometrie der Zweitakt-Renn-Abgasanlagen als Resonanz-Auspuf bezeichnet. Irgendwer hat damit angefangen, dann haben es alle übernommen, bis heute. Das ist leider kompletter Unsinn, den man aber heute kaum noch wieder loswird.
In einem derartigen Abgassystem gibt es überhaupt keine Resonanz. Nichts schwingt dort mit Resonanzfrequenz, und gäbe es dort so etwas wie eine Resonanz, würden die sich aufschaukelnden Amplituden das Blechgebilde zerreißen. Aber dazu kommt es (glücklicherweise) nicht. Wenn eine Schwingung sich in Resonanzfrequenz befindet, muss sie zumindest einmal eine komplette Periode absolvieren. Das ist im Zweitaktabgassystem niemals der Fall. Was die Geometrie derartiger Abgassysteme bewirkt: sie bestimmt zusammen mit der Gastemperatur die Laufzeiten zuerst der Unterdruckwelle und anschließend der den Zylinder "aufladenden" Druckwelle (alles simplifiziert formuliert). Mit einem Phänomen wie "Resonanz" hat das gar nichts zu tun. Der britische Sprachgebrauch von "tuned waves" trifft es gut.
Ich wollte hier eigentlich keine Oper schreiben, aber ich muss noch von einem Disput mit einem Autor berichten, den ich eigentlich wegen seiner Sachkenntnisse sehr geschätzt habe: Vic Willoughby. In Gegenwart von Walter Kaaden hat Willoughby über die Entwicklung der Rennzweitakter doziert und die Bedeutung von Walter Kaaden für die Entwicklung der "resonance pipes" besonders hervorgehoben. Nach seinem Vortrag gab ich ihm ein Foto von seinem Einsatz bei der Junior TT 1952 mit einer KTT Mk VIII, und er wurde sehr freundlich trotz seiner Bemerkung "Oh boy, I do not like to remember how I threw it away...." Dann sagte ich "sorry, but there is no such thing like resonance in a racing twostroke exhaust pipe! There are tuned pressure waves representing frequencies far away from resonance!" Da wurde er laut. Ich habe noch versucht, ihm die fluidodynamischen Phänomene zu erläutern, doch die wollte er gar nicht mehr wissen. Also, ich empfehle, den Begriff "Resonanz" bei Zweitakt-Auspuffen unbedingt zu vermeiden. Wer ihn trotzdem benutzt, mag das tun, um noch eine nicht-physikalische Begriffsbestimmung zur Verständigung mit anderen zu besitzen. Aber damit demonstriert er auch, dass er die Ladungswechseldynamik überhaupt nicht versteht. Vielleicht sogar auch die komplette Schwingungslehre nicht.
Laien brauchen das auch nicht, aber sie sind eben Laien. Wer meint, etwas von der Sache zu verstehen, sollte angemessene physikalisch zutreffende Begriffe verwenden.
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Sehr schön erklärt. Es gab dann auch mal in den 60er Jahren eine Artikelserie in der Motorrad Zeitung,“Analyse eines Kreidler Rennmotors“ in dem diese Dinge erklärt wurden und auch weitere Schriften von Ernst Ansorge….
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hast Du auch ein paar Literaturangaben/Zeitungsartikel aus dem deutschsprachigen Raum wo man das nachlesen kann?
Was willst Du denn "nach"lesen, was Du hier nicht lesen kannst?
Also, einige Literaturhinweise:
Prof. Gordon P. Blair von der "QUB" ("Queen's University of Belfast", heißt heute vermutlich "KUB") hat jahrzehntelang zahlreiche Artikel über die Analyse und die Simulation des Zweitakt-Ladungswechsels publiziert. Er ist leider am 21. Oktober 2010 verstorben. Schon zuvor und anschließend posthum wurden seine Veröffentlichungen in Büchern zusammengefasst.
Beispiele:
"The Basic Design of Two Stroke Engines"
https://www.goodreads.com/book…ign-of-two-stroke-engines
"Design and Simulation of Two Stroke Engines"
https://www.sae.org/publications/books/content/r-161/
Nach meinem Kenntnisstand sind Blair's Veröffentlichungen nie auf Deutsch erschienen. Mittlerweile sind die meisten vergriffen, man findet sie noch in internationalen Antiquariaten.
Solange Zweitaktmotoren in großen Stückzahlen von den japanischen Herstellern weltweit vermarktet wurden, haben diese auch regelmäßig über den Stand ihrer Entwicklung/Forschung auf SAE-Kongressen mit SAE-Papers berichtet. Die kann man alle noch von der SAE beziehen, aber eben nur im englischen Original.
Zu den physikalischen Grundlagen:
Gasdynamik
https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1030166928
Schwingungslehre
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-13793-9
Selbstverständlich ist das Studium dieser Bücher nur für die zu empfehlen, die die notwendigen Vorkenntnisse in Mathematik und Techn. Mechanik mitbringen.
Für "fortgeschrittene Einsteiger" sind die Bücher von Helmut Hütten stets zu empfehlen, seit einiger Zeit auch nur noch antiquarisch zu finden.
In den frühen Auflagen seiner "Schnellen Motoren" war stets ein umfangreiches Kapitel über die generelle Zweitakt-Entwicklung. Je weiter die Auflagen fortschritten, umso umfassender wurde die angefügte Bibliografie. Dort findet man auch die Hinweise auf die Veröffentlichungen von Ernst Ansorge.
Viel Spaß beim Studium!
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"Der schnellaufende Zweitaktmotor" von Helmut Werner Bönsch ist als Grundlagenerklärung auch ganz gut
Gibts auch nur antiquarisch (bei Kleinanzeigen in Deutschland oder in Österreich auf Willhaben)
Gutes Gelingen.