Vor 50 Jahren: Das Rennsportjahr 1973

  • Falls die Übersetzung noch von Interesse ist:


    Die Wahrheit der Fotos im Sachverständigen-Bericht


    Ein Kolben-"Reiber"


    (ich halte den Begriff "Reiber" für näher an der "physikalischen Realität" als "Klemmer"!)


    Das Motorrad von Renzo Pasolini trug den Markennamen "Harley-Davidson" auf dem Tank, aber natürlich war es in Varese von den Mitarbeitern der Aermacchi-Rennabteilung aufgebaut wurden. Das Foto rechts zeigt den Zustand des Motorrades nach dem Unfall in Monza. Der Tank und der Sitz wurden durch den Sturz vom Motorrad getrennt, und die Verkleidung weist auf der rechten Seite deutliche Spuren von einer langen Rutsch-Phase auf dem Asphalt auf. Die Plexiglasscheibe ist komplett zerbrochen.

    Das Gutachten hält den Rahmen für weitgehend unbeschädigt.


    Die Fotos in der zweiten Reihe zeigen den rechten Kolben. Man sieht die typischen vier massiven Reibspuren unter jeweils 45° zur Längsachse.

    Auf dem rechten Foto fällt der von verriebenem Aluminium in der Ringnut blockierte Kolbenring auf der Kolbenrückseite (gegenüber dem Auslass) auf.


    Die beiden Fotos in der dritten Reihe zeigen den rechten Zylinder, der provisorisch (Formulierung des Gutachters, Ing. Colombo) auf Wasserkühlung umgebaut wurde (indem auf die vierte Rippe von unten des ehemals luftgekühlten Zylinders nach Entfernung der darüber angeordneten Kühlrippen ein Wassermantel aufgeschweißt wurde).

    Der Blick in den Zylinder zeigt nur noch die mit den Kolbenschäden korrespondierenden Reibspuren auf.



    Kommentar:

    dass ein Kolben in der ersten Runde nach der kurzen Distanz dermaßen massiv reibt, deutet darauf hin, dass irgendetwas bei dem Motor "oberfaul" gewesen sein muss! Die gravierenden Reiberspuren im Zylinder unterhalb des Bereichs der Wasserkühlung (trotz der abgedrehten Rippen) könnten einen Hinweis auf ein dortiges thermisches Problem des Zylinders geben. Allerdings dürften solche Zylinder gewiss vor dem Monza-GP intensiv erprobt worden sein, so dass ein Verformungsproblem des Zylinders im genannten Bereich nach solch einer kurzen Fahrstrecke frühzeitig hätte auffallen müssen. Es muss also noch ein anderes Problem für den massiven Reiber verantwortlich gewesen sein, vielleicht ausschließlich den rechten Zylinder betreffend. Schade, dass es keine Fotos vom Zustand des linken Kolbens und Zylinders im Gutachten gab, bzw. dass sie in der Presse nicht gezeigt wurden.

  • Ein Kolben-"Reiber"


    (ich halte den Begriff "Reiber" für näher an der "physikalischen Realität" als "Klemmer"!)

    Sicher, dem ist objektiv wohl so. Wollte man jedoch dieser Prämisse konsequent folgen, würde man nicht "Gas", sondern Benzin-Luft Gemisch geben und der Begriff des "Energieverbrauches" wäre zu Gänze sinnfrei, eingedenk des Energieerhaltungssatzes. In einem Forum wie eben diesem hier, gehe ich davon aus, dass die Teilnehmer wissen, was mit "Kolbenklemmer" umschrieben wird. ;)

  • Nach dem kritischen Statement von Manx zur Monza-Story im " Motorrad Classic Magazin " wurde ich neugierig .......... und besorgte mir gestern

    das Heft , nachdem es in Österreich ja etwas später erscheint . " Leider " muss ich ihm in der Kritik voll beipflichten !

    Ich müsste ja leise sein , denn ich hab auch eine Jahreszahl bei meinem Foto verwechselt :-).......... nur : ich bin ein "pensionierter Geschichten-Erzähler "

    und kein Redakteur im Fachmagazin ! Schon der Titel gefällt mir nicht : das Wort Grauen passt nicht zum Sport !?

    Wenn auf einem Start -Foto 2 Werks -MV Agustas zu sehen sind............ wird keiner an die 250er Klasse denken !?

    Bei dem lächerlichen Satz über Kenny Roberts Fahrstil , dachte ich .......... wie Bitte ! Und den Mountain Circuit auf der IoM mit Bergstrecke zu

    übersetzen , ist auch nicht originell . Jarno hätte auf die TT verzichtet ............ die kam doch im Terminkalender erst NACH Monza !?

    Bin mir auch nicht sicher , ob das Foto von AGO , PHIL und JARNO wirklich in Monza ist !?

    Enttäuschend auch die Biographie von Saarinen im Kasten : soviel ich weiss , fuhr er als Jugendlicher Eis-Speedway........aber nicht mit dem Fahrrad !?

    Und kein Wort über TUNTURI und PUCH........ wo er doch selbst daran arbeitete . Ich sah den jungen Saarinen beim GP Österreich ( glaube 1967 )

    auf der Autobahn ( Salzburg Grödig ) auf der Werks Puch !

    Alles in Allem : Ungenügend !

    Uns bleibt die Genugtuung : das hätten wir im Forum besser hingekriegt !? :-)

    pitstop

  • Nachtrag zu Monza 73 : ich war damals vor Ort ( als Zuschauer ).......... allerdings ( Gottseidank ) in der Parabolica...............

    wo Dieter Braun vor Mario Lega als Erster vorbeikam ! Dann sahen wir im Hintergrund die Rauchsäule .......... und bald hörten einige

    Italiener eine Meldung in mitgebrachten Koffer-Radios !

    Also hab ich vom Unfall nichts mitbekommen .

    pitstop

  • Hallo Pitstop,


    den Herrschaften ist tatsächlich ein Meisterwerk gelungen....

    Allein beim Namen des Autors Mat Oxley muss man aufschrecken, sein Buch 'Stealing Speed' hat ja auch seinen speziellen Ruf. Nicht dass grundsätzlich alles falsch wäre was er schreibt, es ist der Sensationsschreibstil, der an 'The Sun' oder 'Daily Mirror' erinnert ist m. E. einfach nervig. Vielleicht hat er in seinem Leben nie was anderes gelesen.

    Zu den Bildunterschriften:

    Das Bild auf den Seiten 138/139 zeigt die 350, sieht eigentlich ein Blinder mit Krückstock.

    Das Bild auf Seite 142 ('kurz vor seinem Tod') ist eine Aufnahme von '72, fehlender Schnurrbart (^^^^) und die '72 Kombi beweisen es.


    Zum Text:


    1) Monza ist nicht die 'erste für diesen Zweck gebaute Rennstrecke' , Brooklands war 15 Jahre früher dran.

    2) Rindt ist nicht 71 verunglückt sondern '70

    3) Das Thema 'Fahradrennen' kommt wahrscheinlich daher, dass der Übersetzer, immerhin der Redaktionsleiter himself, nicht weiss das 'bike' nicht zwangsläufig 'Fahrrad' bedeutet, sondern eben ein salopper Ausdruck für 'Motorrad' ist. Kann ja mal vorkommen in einer 'Fachzeitschrift'.

    4) Saarinen hat '70 die Saison in Imatra nach einem Kurbelwellschaden beenden müssen da er pleite war, nicht weil er sein Ingenieurstudium unbedingt fortsetzen wollte

    5) Saarinen bekam Anfang '72 eine luftgekühlte 250, Sheene eine wassergekühlte. Nachdem Sheene mit diesem Motorrad nicht glücklich wurde und Saarinen eh der heißere Titelkandidat war, hat er das Motorrad im Laufe der Saison übernommen (wann genau weiß ich spontan nicht) und zum laufen gebracht.

    6) Pasolini ist '67 zu Benelli gegangen, nicht 68. Er gewann dann auch nicht 'seine ersten GPs', das hat dann schon bis '69 gedauert.'68 war die Übermacht von Ivy/Read (und auch Rosner!) zu groß.


    Ich denke, das genügt fürs Erste

    Dieser Beitrag wurde bereits 6 Mal editiert, zuletzt von Manx ()

  • Hallo Manx ,

    Danke, du bestätigst meine Zweifel : Das Foto " Kurz vor seinem Tod "............ zeigt ja die 72er Lederkombi !

    Bei dem Begriff " Bergstrecke " dachte ich auch an schlechte Übersetzung ......... kennt der die Tourist Trophy nicht !?


    Man sollte uns als Lektoren in die Redaktion einladen............. aber nur gegen gutes Honorar !! ;(:P

  • Hallo Manx ,

    Danke, du bestätigst meine Zweifel : Das Foto " Kurz vor seinem Tod "............ zeigt ja die 72er Lederkombi !

    Bei dem Begriff " Bergstrecke " dachte ich auch an schlechte Übersetzung ......... kennt der die Tourist Trophy nicht !?


    Man sollte uns als Lektoren in die Redaktion einladen............. aber nur gegen gutes Honorar !! ;(:P

    Naja, wenn man 'Mountain Circuit' durch ein Übersetzungsprogramm jagt kommt 'Bergstrecke' raus. So wird wohl dort gearbeitet.

    Tja, ein pierrot' (schöne Grüße!) beispielsweise hätte zu diesem Thema 'Monza 73' einen anderen Artikel geschrieben.

  • Vielen Dank Kalle!


    Hat zwar wahrscheinlich nichts mit dem Reiber/Klemmer zu tun, aber hatte der Motor eine Thermosiphon Kühlung?

    Die 350, die Pasolini im Rennen davor fuhr, war die noch luftgekühlt?

    Mööönsch, R7, äh, Manx, Du kannst aber Fragen stellen.....

    Kannste mich nicht "was Leichteres" fragen?


    Da sonst niemand dazu Stellung beziehen wollte, "muss" ich das nun leider selbst erledigen.


    Die Frage, ob die Motoren ein Kühlsystem mit Pumpen-Umlauf oder mit Thermosyphon-"Wirkung" besaßen, wurde ja bereits beantwortet.

    Man kann hier nur noch konstatieren, dass die Zylinder nur geringe Wasser-Volumina besaßen, und dass (wegen Ø 54 mm und Ø 64 mm Bohrung) die Wassermäntel der 250er und 350er Zylinder vermutlich keine Gleichteile gewesen sein konnten.

    Auf nur wenigen Fotos kann man die Maße des Kühlers "erahnen", z. B. hier:


    https://www.soymotero.net/site…-05/harley-pasolini-1.jpg


    Nur die Breite des oberen Wasserkastens lässt sich abschätzen, und da wegen der geringeren Motorhöhe des wassergekühlten Motors auch der Rahmen etwas flacher als zuvor gestaltet werden konnte, kann man eine relativ geringe Höhe des Kühlers annehmen. Daraus folgt, dass für die damit verbundene geringe Gesamt-Wassermenge und die knappe geodätisch wirksame Höhendifferenz der Thermosyphon-Umlauf nicht sinnvoll darstellbar gewesen wäre. Das haben die Entwickler beim Reparto Corse in Schiranna natürlich gewusst. Von den 74er Motoren mit gegossenen wassergekühlten Zylindern war stets aufgrund etlicher Fotos bekannt, dass sie einen Pumpen-Umlauf besaßen, und für die Position der Pumpe brauchte man nur auf den zuvor dort angeordneten Winkeltrieb des Drehzahlmessers zu "verzichten". Dort wurde auch schon 1973 die Pumpe angetrieben.

    Eine weitergehende Betrachtung Thermosyphon vs Pumpe wäre viel zu umfangreich und würde hier kaum jemanden interessieren. Daher erspare ich mir einen zugehörigen langen Text.


    Um die wirklich noch offene Frage zu beantworten, ob die in Monza eingesetzte 350er noch luftgekühlt war, sollten wir zuerst Revue passieren lassen, wie Aermacchi-HD vor dem Monza-GP in die Saison gestartet ist.

    Zuerst wurden die italienischen Frühjahrsrennen bestritten: Modena, Imola, Misano und noch einmal Modena. Saarinen gewann die ersten beiden 250er Rennen, in Misano war er nicht anwesend, und beim zweiten Modena-Termin wurde er überraschend von Villa geschlagen. Beim ersten Modena-Termin kam Pasolini hinter Villa auf Rang 3, in Imola wurde Pasolini Zweiter.

    Saarinen gewann bei den 350ern in Modena vor Pasolini, in Imola ging er hingegen mit der 350er Yamaha im Regen zu Boden. In Abwesenheit von Saarinen gewann Pasolini die 350er Klasse in Misano.

    Aus den Ergebnissen ließ sich kaum Optimismus für die kommenden WM-Läufe für Pasolini ableiten. Zudem fuhren sowohl Saarinen als auch Pasolini noch ihre 72er Motorräder.


    Beim ersten GP in Le Castellet beherrschten Saarinen und Kanaya die 250er Klasse, und Pasolini wurde Dritter als "best of the rest". Die 10 Punkte für den dritten Platz wurden leider seine einzigen in dem Jahr. Bei den 350ern schied er durch Sturz aus.

    Beim Österreich-GP verkraftete die Zündanlage den Salzburger Schnürl nicht,

    übrigens bei beiden 350er MVs ebenso. Pasolini schied in beiden Klassen aus.

    Beim Hockenheim-GP fehlte Pasolini, und in der italienischen Sport-Presse erschein eine "Verlautbarung" aus Schiranna, dass es wichtiger sei, nun endlich die wassergekühlten Motoren für Monza einsatzbereit zu bekommen´, als in Hockenheim an den Start zu gehen.

    Daraus folgt:

    - bis zu diesem Zeitpunkt wurden luftgekühlte Motorräder eingesetzt, vermutlich immer

    noch weitestgehend auf dem technischen Stand des Vorjahres;

    - Hockenheim ließen sie aus, um wohl nicht wieder "best of the rest" zu werden;


    In Monza wurden in der Tat in beiden Klassen die neuen wassergekühlten Motoren eingesetzt. Die italienische Presse erweckte mit der diesbezüglichen Meldung große Hoffnungen bei den Tifosi. Bei den 350ern hatte Pasolini einen ganz schlechten Start, aber er "arbeitete" sich rasch durch das komplette Feld und kam bis zum führenden Agostini, der offensichtlich nicht an's Limit gehen musste, um den GP anzuführen. Als Paso an Ago herankam, wurde deutlich, dass beide Fahrer/Motorrad-Kombinationen auf dem gleichen Level waren. Das konnte man zuvor für die luftgekühlte 350er nicht sagen. Paso hatte bei seinem "Sturm" nach vorn sogar die schnellste Rennrunde gefahren. Allerdings konnte er das Rennen nicht beenden, und Ago gewann anschließend "locker". Ich kenne aus dem Gedächtnis keinen Ausfall-Grund der 350er Aermacchi-HD. Wenn ich einmal Zeit dazu habe, hole ich mal den 73er Jahrgang von Motociclismo hervor. Ich kann mich nämlich nicht erinnern, ob dort der Ausfall-Grund genannt wurde?

    Also, in Monza wurde erstmals auch der wassergekühlte 350er Motor eingesetzt, und er hielt, was man sich von ihm versprach: eine viel bessere Warm-Leistung.

    Ich habe übrigens früher stets versucht, auf Fotos von der rechten Seite das Wasserthermometer neben dem Veglia Contagiri zu identifizieren. Auf dem oben verlinkten Foto der Monza-Maschine sieht man es deutlich. Leider kenne ich zum Beispiel kein Foto von rechts von Bonera's vierten Platz bei den 350ern in Brünn. Ich weiß also aus dem Gedächtnis nicht, ob man ihm später in der Saison solch eine wassergekühlte 350er gegeben hat? Möglicherweise war Paso's 350er Rennen in Monza der einzige Einsatz mit den geschweißten Zylindern?


    Abschließend noch das sinnlose, aber beliebte Spiel: "was wäre wenn....."

    Kanaya wurde nach der Monza-Katastrophe nach Japan zurückbeordert.

    Ohne die TT standen noch sieben 250er GPs auf dem Programm.

    Hätte er davon drei gewonnen, hätte er den Titel geholt. So locker, wie er drei Mal hinter Jarno Zweiter wurde, hätte er ohne Jarno mit hoher Wahrscheinlichkeit so den Titel nach Japan mitgenommen, als erster Japaner überhaupt.

    Tepi bekam nach Monza das 250er Material von Jarno, aber keine Werksbetreuung. In vier der sieben Rennen punktete er nicht. Hätte er in diesen zwei Mal gewonnen und dabei einmal Dieter Braun geschlagen, wäre der Titel an Tepi gegangen.

    Hätte Jarno nur noch die beiden Rennen gewonnen, in denen Dieter Braun nicht gepunktet hat, wäre Jarno noch nicht Weltmeister gewesen. Ihm hätte aber nur noch ein weiterer fünfter Platz gefehlt.

  • Sicher, dem ist objektiv wohl so. Wollte man jedoch dieser Prämisse konsequent folgen, würde man nicht "Gas", sondern Benzin-Luft Gemisch geben und der Begriff des "Energieverbrauches" wäre zu Gänze sinnfrei, eingedenk des Energieerhaltungssatzes. In einem Forum wie eben diesem hier, gehe ich davon aus, dass die Teilnehmer wissen, was mit "Kolbenklemmer" umschrieben wird. ;)

    Falsch!

    Komplett falsch!

    Alles falsch!


    Womit fangen wir an bei der Erläuterung?

    Vielleicht am besten mit dem "Energieverbrauch"?

    Also, wie wird denn der Begriff "Energie" überhaupt in der klassischen Physik definiert? (Diese Einschränkung ist angebracht, weil wir in diesem Forum z. B. keine Quantenmechanik betreiben wollen noch können. Die hier zur Debatte stehenden Themen lassen sich nämlich zudem vollständig mit den Werkzeugen der klassischen Mechanik und Thermodynamik klären!) Nun denn, Energie besitzt die Eigenschaft, physikalische Arbeit verrichten zu können. Die ggfs. dazu benötigten Apparaturen lassen wir hier einmal "außen vor", nur: die Brennkraftmaschine ist eine davon.

    Robert Mayer formulierte in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts den Energieerhaltungssatz, nämlich dass Energie gewandelt werden kann, wo bei sie nicht "verschwindet", sondern nur eine neue Form annimmt von den diversen Möglichkeiten, in denen Energie sich manifestieren kann. In der Brennkraftmaschine finden etliche derartige Energiewandlungsprozesse statt, von der im Brennstoff gebundenen chemischen Energie letztendlich zur mechanischen Energie, zu deren Erzeugung sie schließlich eingesetzt wird. Denn die mechanische Energie soll mechanische Arbeit leisten. Das war bei den zur Bergwerkentwässerung im 18. Jahrhundert eingesetzten Dampfmaschinen so, und das ist auch noch bei den zeitgenössischen MotoGP-Motoren so.

    Mayer hat aber damit nur dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik eine frühe Formulierung gegeben. Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik wurde aber erst 1850 von Clausius formuliert. Um hier keine große Oper zu schreiben, besagt er simplifiziert, dass die Energiewandlung nicht in jede beliebige "Richtung" durchführbar ist. Die Theorie der ideal möglichen Wirkungsgrade der Energiewandlung von thermischer zu mechanischer Energie hatte Carnot schon einige Jahrzehnte zuvor beschrieben. Eigentlich müsste nun endlich der Begriff "Entropie" in die Debatte eingeführt werden, aber dessen detaillierte Erläuterung würde die meisten Leser hier so sehr überfordern, dass er im Folgenden nur kurz vereinfacht gebraucht werden wird. Clausius definierte ihn erstmals 1865. Der dritte Hauptsatz der Thermodynamik, der erstmals von Nernst 1905 formuliert wurde, ist hier nicht von Belang. Er hat aber das Verständnis des Begriffs der Entropie wesentlich präzisiert.

    Zurück zum zweiten Hauptsatz: aus ihm geht hervor, dass alle Energiewandlungsprozesse letztendlich zu Wärmenergie führen. Zusammen mit der physikalischen Gesetzmäßigkeit der endlichen Wirkungsgrade bei allen Energiewandlungsprozessen und der damit stetigen Entropie-Zunahme geht das Charakteristikum der Energie, die Arbeits-Fähigkeit, mit jeder Energiewandlung mehr und mehr verloren. Die Arbeitsfähigkeit ist verbraucht worden. Wenn in einem thermodynamisch abgeschlossenen System sämtliche Energieformen in Wärme gewandelt wurden, herrscht anschließend ein einheitliches Temperatur-Niveau, bei dem Wärmeenergie keine Arbeitsfähigkeit mehr besitzt. Sämtliche im System zuvor vorhandenen Energieformen wurden also durch Energiewandlung verbraucht.

    Robert Mayer wusste das noch nicht, obwohl sein erster Hauptsatz damals ein beachtlicher Fortschritt in der Physik war.

    Wer hingegen die komplexe Thermodynamik z. B. eines Verbrennungsmotors nur mit ihrem ersten Hauptsatz verstehen möchte, ist genauso "arm dran", wie wenn er die komplexen Probleme der modernen Astrophysik allein mit Newton's Gravitationsgesetz verstehen möchte.


    Nächstes Thema: der "Vergaser"

    viele z. T. unwissenschaftliche Begriffe haben umgangssprachlich ein langes Leben.

    (Beispiel: die "Pferdestärke"!) Die Laien mögen sich nicht von ihnen Trennen, und die Nicht-Laien benutzen den Begriff z. B. weiter, um nicht unverständlich zu erscheinen. So ist es auch mit dem Vergaser, für den schon seit vielen Jahrzehnten der bessere Begriff "Zerstäuber" vorgeschlagen wurde, aber die Laien mochten ihren Begriff nicht aufgeben. Heute spielt das kaum noch eine Rolle, weil nur noch wenige Motoren diese Art der Gemischbildung verwenden. Auf dem Gebiet der Kraftfahrzeug-Historie war und ist sie natürlich bei Otto-Motoren der "Standard".

    Aber gehen wir einmal zurück in die Frühzeit des Motorenbaus, als der Begriff geprägt wurde. Die damaligen Kraftstoffe wurden später "Leicht-Benzin" genannt. Entstanden war die industrielle Herstellung dieser Erdöl-Fraktionen aus dem Bedarf an "leichten bis sehr leichten Lösungsmitteln". So auch das Reinigungsmittel, dem man damals den Namen "Ligroin" verpasst hat. Bertha Benz hat 1888 Ligroin "getankt", bei ihrer ersten Langstreckenfahrt nach Pforzheim, und zwar bei der Apotheke in Wiesloch, die heute noch als erste Tankstelle der Welt bekannt ist. Ich habe 1988 das "Reenactment" dort gesehen und fotografiert, als der Apotheker im Outfit des späten 19. Jahrhunderts seine kompletten Ligroin-Vorräte in den Tank des Replica-Benz entleerte. Die Veranstaltung wurde vom Daimler organisiert und stand unter dem Motto: "100 Jahre Frau am Steuer", heute vermutlich undenkbar.

    Carl Benz ist damals darauf gekommen, dass diese Reinigungsmittel hervorragend geeignet waren als Treibstoff für seine Motoren. Ihr niedriger Siedepunkt (der Siedebeginn des HC-Gemisches und die Siedekennlinie interessierte damals allenfalls die Chemiker.) war perfekt geeignet für die damals noch notwendigerweise primitive Gemischbildung. Dass sie andere Nachteile hatten, wurde erst im Lauf der Motorenentwicklung klar und führte zur Einführung anderer Kraftstoffe.

    Warum ist all das hier "wichtig"? Weil die damaligen Gemischbildner korrekt als "Vergaser" bezeichnet werden konnten. "Gas geben" war damals ein korrekter Begriff. Beides hat sich halt umgangssprachlich erhalten. Selbst als die ersten LKW mit Diesel-Motoren ausgestattet wurden, wurde weiter "Gas gegeben", aber wer hätte schon sagen mögen, dass in diesem Fall die Einspritzmenge dem Momentenbedarf anzupassen sei? Zudem, dass der "Vergaser" in einigen Fällen den Treibstoff gar nicht "vergasen" soll, sondern dass der Energieeintrag in das Kraftstoff-Luft-Gemisch vorteilhaft - z. B. für den Liefergrad - erst später erfolgen sollte, weit nach dem Eintritt des Treibstoffs in das Saugrohr, das wusste man zum Zeitpunkt der Begriffsbildung auch noch nicht! "Zerstäuber" passt immer, sagt aber niemand.

    Ich möchte mit diesen Bemerkungen zum Ausdruck bringen, dass m. E. der Gebrauch von Begriffen dem Niveau der Debatte anzupassen ist. Wenn Laien "Gas geben" etc. formulieren: komplett i.O., solange nicht präzisere technische Zusammenhänge erläutert werden. (Die Analyse der Reiberspuren des Aermacchi-HD-Kolbens lässt sich hingegen nicht trivial durchführen!) Dann werden Laien sofort auffällig, weil sie die korrekten Begriffe nicht gebrauchen. Auch "nicht weiter schlimm", solange sie nicht meinen, die Debatte dominieren zu können.


    Abschließend:

    mein Ursprünglicher Post war keine "Prämisse" und kann auch nicht als solche verwendet werden. Es handelt sich wie so oft um die Benutzung eines Terminus. bei dem der Benutzer die Definition des Begriffs selbst nicht kennt! So etwas eignet sich gut als Keule auf den Schädel des Anderen, in der Hoffnung, der kennt die Definition des Begriffs auch nicht und kann also nicht widersprechen! Ich lese und höre beispielsweise tagtäglich zigmal Ideologie/Ideologe/ideologisch/etc., und buchstäblich keiner von den Begriffs-Anwendern kann den Begriff überhaupt definieren! Ich frage dann manchmal und bekomme Pippi-Langstrumpf-"ich mache mir die Welt und die Begriffe, so wie sie mir gefallen"-Definitionen als Antwort. Ich habe schon so oft herzhaft über solches Definitions-Gestammel lachen müssen.

    Hinweis: "Prämisse" ist ein Begriff aus der Argumentations-Theorie, einer Disziplin der Philosophie. Wer von dieser Theorie keine Ahnung hat, sollte sehr vorsichtig damit umgehen, sonst fällt er leicht als Dummbeutel (oder als Demagoge) auf! Von meinem Vorposter las ich kürzlich den Begriff "Doktrin". Jede Wette, dass er auch den nicht definieren kann, ohne schnell bei Wiki nachgeschaut zu haben.....

    Noch ein Hinweis: belastbare Definitionen für fast alle wesentlichen Begriffe (also nicht für "Buttermilch" oder "Nieselregen", etc.) findet man online bei den "Stanford Dictionaries / Stanford Libraries"! Kann man googeln, wenn man etwas lernen will! Ist aber ggfs mühsam, das Studium der (nicht-deutschen) Definitionen, wie alles Lernen! Viel Erfolg!


    P.S.:

    wer durchgehend den Begriff "Kolben-Klemmer" verwenden möchte, mag das meinethalben tun. Er verliert damit allerdings die Möglichkeit, zwischen zwei unterschiedlichen Phänomenen, dem "Klemmer" (den gibt es schließlich auch, allerdings nicht oft!) und dem "Reiber" zu differenzieren! Is' mir wurscht, wenn jemand den Unterschied nicht zur Kenntnis nehmen mag. Ich will niemanden belehren, ich möchte nur meine eigene Terminologie weiterhin benutzen, solange sie niemand ad absurdum führen kann.