Giacomo Agostini - Besuch seines Trophäensaals

  • Privataudienz bei "Ago"

    Bergamo. Die Legende „Ago“ wurde am 16.6.1942 in Brescia geboren und feiert 2022 seinen 80. Geburtstag. Er erzielte 15 Weltmeistertitel, 123 gewonnene Grands Prix, davon zehn bei der Tourist Trophy, 18 nationale Titel, 311 Rennsiege. Abgesehen davon, dass er den Motorradsport in den 60er und 70er Jahren geprägt hat, war und ist Ago der erfolgreichste Fahrer in den Geschichten von MV Agusta und gilt wohl als bester Motorradrennfahrer aller Zeiten.


    Der Anlass für den Besuch – ein fehlendes Autogramm

    Ago war bereits beim IGFC-Rupert Hollaus Gedächtnisrennen 2006 erstmals Stargast, es war das 3. Gedenkrennen für den österr. Weltmeister Rupert Hollaus, 2022 findet es zum 19. Mal statt. Ich durfte Ago damals als sehr symphatischen und sehr ruhig wirkenden Menschen kennen lernen, er genoss die österreichische Küche und scherzte charmant mit unseren Vereinsmädels.

    2021 raste er mit dem Ferrari 488 Spider von Wolfgang Terschl um den Red Bull Ring und Wolfgang vergaß – wie bereits beim 360er Spider all die Jahre zuvor– Ago zu ersuchen, sich am Auto zu verewigen. Ago hatte im letzten Jahr einen „Trophäensaal“ auf seinem Grundstück in Bergamo von einem regionalen Architekten bauen lassen – und Ago hatte einen runden Geburtstag – ideale Gründe für einen Besuch in Bergamo! Wir vereinbarten mit Ago einen Termin – zwischen „Goodwood Festival and Speed 2022 “ (GB) und „Imatranajo 2022“ in Imatra (FIN) fand sich eine Lücke im Kalender.


    Die Anreise

    Bei schönstem Sommerwetter reisten wir abseits der Autobahnen über Phyrn, Felbertauern, Staller Sattel, Bozen, Mendelpass und Passo Tonale nach Bergamo. Bereits am Weg zum Felbertauern überholten wir zwei Schweizer Herren mit ihrem edlen Mercedes SL 300 Roadster, am Mendelpass zeigte uns ein Audi A6-V8-Fahrer, dass dieser Berg sein Jagdrevier ist. Die PS-Unterlegenheit seines Autos machte er mit fahrerischem Können, Mut und Streckenkenntnis wett. In so mancher Kurve hebte der Audi eine „Hinterhand“, ein Rennradfahrer fühlte sich bedrängt und drohte mit der Faust. Auf kurzen Geraden machte sich der Audi breit und ließ den Ferrari keinesfalls überholen. Das 20 Kilometer Bergrennen hat so richtig Spaß gemacht. Am Passo Tonale parkten wir neben einem Engländer und seinem Alfa Romeo 6C 1928. Er war mit dem Sportwagen in Originalzustand über 4000km alleine auf Reisen. Stolz ließ er uns unter die Motorhaube schauen und erklärte seine Restaurierungsarbeiten. Mangels Kofferraum hat der ältere Herr zwei kleine Rucksäcke im Fußraum platziert, am Heck waren zwei gespeichte Räder angebracht und als es zu regnen begann, startete er seine Weiterfahrt mit offenem Verdeck. Ein wahrer englischer Haudegen und Roadsterfahrer.

    Die Fahrt führte uns weiter über Lovere am Iseosee (hier verbrachte Ago seine Jugend, auf den Bergstraßen lernte er das Motorradfahren). Die Altstadt von Bergamo empfing uns mit engsten Straßen, kaum breiter als der Ferrari. Holprig grob, immens steil, aber sehr altstadtgerecht. Die Anfahrt zum Hotel war eine Tortur.


    Die Audienz

    Ago holte uns mit einem Minivan vom Hotel persönlich ab und chauffierte uns zu seinem Haus. Ein stilvolles Gebäude in einer riesigen Parkanlage, mit traumhaftem Blick auf Bergamo. Nach dem Austausch von Geschenken führte uns Ago zu seiner Motorradgarage mit seinen für die Straße angemeldeten Motorrädern. Einige MV Agusta‘s, ein englisches Bike aus den 1920ern und zwei Yamaha's, umrahmt von unzähligen Rennfotos.

    Dann ging es in eine weitere Garage. Unter einer Plane blitzte der alte Jaguar XJS vor, an der Wand steht eine in US-Farben lackierte Maschine – ein Geschenk eines amerikanischen Fans, welcher sie selbst gebaut hat. Die Wände sind mit Filmplakaten der 4-Agofilme (1970er) dekoriert.

    Der nächste Weg führt uns nun zum "Sala dei trofei" – dem Trophäenraum (Zitat Ago: "nur für Tote gibt es ein Museum"). Der Raum ist in einen Hang gebaut, fast unsichtbar. Beim Eintreten des gut beleuchteten Saales erkennt der Besucher sofort „hier handelt sich um die Lebensgeschichte von Ago“. Die berühmte „MV 350Tre“ steht am Rande der Eins-Startnummer, die TZ700 hängt in einer Steilwandkurve, ähnlich Daytona 1974, ein Bianchi-Moped, eine altes Morini-Rennmotorrad und eine Yamaha TZ350 stechen ins Auge.

    Gleich neben dem Eingang findet sich in einer Vitrine der erste Pokal mit einem schwarz-weiß Foto – Ago als Bub bei seinem ersten Rennen - und der letzte aus dem Jahr 1977 vom Hockenheimring (WM-Lauf F 750).

    In Glasschränken sind die legendären handschriftlichen Telemetrie-Aufzeichnungen, Chromwell- und Integralhelme, Handschuhe (Ago ließ sie mit Nieten versehen, um besser geschützt zu sein), Rennoverale (der erste hatte nur 1,8 kg) und Stiefel ausgestellt. Die beeindruckenden Fotos zeigen Ago mit Persönlichkeiten aus dem Rennsport wie z.B. Enzo Ferrari, Niki Lauda, Clay Regazzoni, Mike Hailwood oder Filmstarts wie Alain Delon.

    Einer seiner Lieblingsfotos zeigt die Zuschauermenge in Monza, alle mit Anzug und Krawatte gekleidet. Zitat Ago dazu: „die Besucher zeigten Respekt und Anerkennung für Teams und Fahrer, was für wunderbare Zeiten“.

    Im „200 Meilen von Daytona-Eck“ zeigt ein Foto hinter der riesigen Trophäe, wie der dehydrierte Agostini vom Motorrad gehoben wird, um anschließend ärztlich versorgt zu werden. Erst dann konnte er zur Siegerehrung schreiten.

    Auch den 10 Siegen der Tourist Trophy ist ein besonderer Platz gewidmet.

    Über 300 Pokale und Medaillen, unzählige Urkunden und Dokumente spiegeln die Renngeschichte des bestens Motorradrennfahrers aller Zeiten. Was für ein Erlebnis, dies sehen und bewundern zu dürfen.

    Viel zu schnell verging die Zeit in diesen heiligen Räumen des Motorradrennsport, wir könnten noch stundenlang den Erzählungen des Meisters zu hören.

    Nach einer kleinen Erfrischung verabschiedeten wir uns von Maria und Giacomo chauffierte uns durch Bergamo zu einem typisch italienischen Restaurant. Die „Mama“ begrüßte Ago und uns sehr herzlich und empfahl uns ihre Speisen. Wir genossen einen schönen Abend bei italienischen Spezialitäten und Wein. Während des Essens trat ein älterer Herr an den Tisch und bat Ago um ein Autogramm – Giacomo ist noch immer ein sehr angesehener und respektierter Grande. Traumhaft.


    Die Weiterreise

    Nach Bergamo ging es nach Maranello, der Ferraristadt. Der Mythos Ferrari ist überall zu spüren und zu sehen. Beeindruckend das „Museo Ferrari“.

    Unweit - in Sant Agata – besuchten wir das Lamborghini-Museum und in Bologna das neue Ducati-Museum. Leider hatten wir keine Zeit für eine Werksbesichtigung. Ein guter Grund, nochmals zu kommen.

    Die Heimfahrt führte uns über San Daniele nach Arnoldstein, wo wir die befreundeten Autorennfahrer „Hubert jun. und Hubert sen. Galli“ besuchten, die Rennfahrzeuge bestaunten und eine Nacht lang „Benzin“ redeten.

    Die Tour des letzten Tages führte uns über den Ossiachersee, nach Murau und Adelwang/Bad Hall.


    Das fehlende Autogramm fehlt noch immer

    Die anregenden Gespräche, die unerschöpflichen Erzählungen und Erklärungen über die Erlebnisse der Rennfahrerlegende Gicaomo Agostini haben uns vergessen lassen, ein Autogramm am Ferrari anbringen zu lassen – ein guter Grund ihn bald wieder zu treffen.

    Wir freuen uns auf ein Wiedersehen am 27./28. August beim 19. Internat. Rupert Hollaus Gedächtnisrennen am Red Bull Ring. Ago und seine "MV-Agusta 500 Tre" sind die Stargäste!

    (mit einer gültigen Fahrerkarte kann auch das Fahrerlager besichtigt werden. Am Ago-Fanshop kann u.a. das neue Buch "Der König mit 15 Kronen" erworben werden - http://www.igfc.at).


    Fazit der Reise

    Ein Ferrari 488 Spider ist auch für eine Urlaubsfahrt bestens geeignet.

    Giacomo Agostini ist noch immer ein „untriebiger“ Mensch, wohlbesonnen, freundlich und hat noch immer „Benzin statt Blut“ in den Adern. Ago ist keinesfalls alt, er ist 80 Jahre jung!

    Norditalien ist das italienische Mekka der Motorsportliebhaber und jederzeit eine Reise wert.


    weitere Fotos: https://www.meinbezirk.at/salz…taudienz-bei-ago_a5468407

  • Klingt da etwa ein wenig Neid mit? 😇 Ich habe Ago in Dijon vor ein paar Wochen live erlebt... sehr locker und entspannt und ohne Starallüren.

    Einer, oder der Beste im Motorradsport. Und wer ist mit 80 noch so gut drauf ??? Ich habe eine riesigen Respekt. Wenn ich es mir leisten könnte, würde ich sofort einen Tag oder ein We bei ihm verbringen!

  • Komme gerade von einer schweißtreibenden Tour über ein verlängertes Wochenende von der IDM am Schleizer Dreieck zurück und wie immer, wenn das Motorrad abgeladen ist und die Ausrüstung verstaut schnell wie immer ein Blick auf Peters Homepage. Habe dann erst mal einen Eiskaffe getrunken und mir in Ruhe überlegt ob ich anworten soll, war auch gut so, denn sonst wäre eine Antwort vielleicht noch impulsiver ausgefallen. Den Bericht von Bugatti hatte ich mit Interesse gelesen, schildert er doch wie jemand persönlich die Sammlung von Ago besucht und erlebt hat. Von solchen Beiträgen lebt dieses Forum. Was http://www.motorrad-classic.de aber nicht braucht, sind Kommentare in denen mit "peinlich" und "dämlich" um sich geworfen wird. Wenn man selbst noch nie auf dem Timmelsjoch im Mountain Motorcycle Museum war verbietet sich eine Wertung bei der pauschal einfach mal so in den Raum geworfen wird, dass sich da Einbeck im PS Speicher mehr lohnt. Ja der PS Speicher ist Spitze und es gibt in der Umgebung auch manch schöne Strecke, aber das MMM ebenso und gerade auch in Verbindung mit dem Pass und der Landschaft. Auch wer nicht weiß, wer sich hinter "Bugatti" verbirgt, hätte sich vielleicht mal durch Klicken auf die Links informieren können um zum Schluss zu kommen, dass sich da niemand einen Schatten sucht um sich zur Lichtgestalt zu machen. Dahinter steckt jemand mit viel Wissen und Engagement dahinter, der das z.B. als Streckensprecher beim Rupert Hollaus Rennen am Red Bull Ring einsetzt. Ob der Lust hat sich hier nochmal nach einem solchen Kommentar zu melden? Wohl kaum, was ich als schade empfinden würde. Die Lust auf einen Beitrag vergeht einem da von selbst.

  • Habe auf meinem Weg nach Breganze auch am MMM am Timmelsjoch vorbeigeschaut. Auf dem ersten Blick steht es da wie vor dem Brand. Die alten Pläne waren wohl noch vorhanden und die Ausstellung lohnt sich auch sehr. Statt der Laverda Jota steht da jetzt eine RGS, die ich ebenfalls vor der Tür abgestellt hatte 😄

  • nur mal so am Rande......

    in Süddeutschland, sprich Bayern und in Österreich ist es durchaus üblich junge Frauen

    ( meist Unverheiratete ) als Mädel, Mädl, Maderl, Dirndl usw, zu bezeichnen und wird nicht als

    Beleidigung angesehen. Vorausgesetzt man ist Einheimischer und der Tradition sowie dem Dialekt

    mächtig.