Nach dem Zweiten Weltkrieg war alles anders:
Weite Bereiche Europas lagen in Trümmern, viele Menschen waren auf der Flucht oder bereits als Flüchtlinge in einer neuen Heimat angekommen, und an Individualverkehr war in den meisten europäischen Staaten erst einmal nicht zu denken, weil es entweder kaum Kraftstoff gab oder weil die Infrastruktur, z.B. das Straßennetz, in etlichen Staaten weitgehend zerstört war. Zudem kam die industrielle Produktion der wirklich lebenswichtigen Güter für die vielen Millionen von Menschen nur schwer wieder in Gang, nachdem noch wenige Monate zuvor die Prioritäten dafür unter völlig anderen Randbedingungen gesetzt worden waren.
Als sich die neuen politischen und ökonomischen Verhältnisse zu klären begannen, brüteten schon einige weitsichtige Leute über neuen Fahrzeugkonzepten, die durch die herrschenden Umstände bedingt waren. Bei den motorisierten Zweirädern dachte nur eine marginal kleine Minderheit an ein Sportgerät! „Nutzfahrzeuge“ für die Beförderung von bis zu drei Personen von A nach B bei minimalen Kosten: das war es, was der Markt benötigte und forderte.
Anders war aber auch die Szene bei denen, die am Zweirad-Markt agieren wollten:
Schließlich existierten zuvor etliche technische Branchen, für die es nach 1945 erst einmal keine Daseinsberechtigung mehr gab, und damit entfiel für die bislang darin Beschäftigten die Möglichkeit des Broterwerbs.
Für unser Thema ist hier speziell die Flugzeugbranche zu nennen, denn in der Phase der Hochrüstung vor und während des Krieges boomte diese Industrie so sehr, dass selbst bei den Siegermächten nach Kriegsende ein „Gesundschrumpf-Prozess“ einsetzte, und bei den Verlierern verschwand diese Industrie natürlich erst einmal komplett.
Daher brauchten die Produzenten und die Beschäftigten dieser Branche nach 1945 neue Betätigungsfelder, und fast überall kam man auf die Idee, preiswerte motorisierte Zweiräder für einen ganz offensichtlich sehr aufnahmefähigen Markt zu konzipieren, zu entwickeln und zu fertigen. Mit diesen Neueinsteigern in die Motorradszene kamen viele frische Ideen für komplett neue Konzepte, verbunden mit für die Zweiradindustrie unkonventionellen Fertigungsverfahren, zum Vorschein, und die bislang ziemlich konservative Motorrad-Industrie wurde durch diese konzeptionelle Befruchtung zu radikalem Umdenken gezwungen.
An erster Stelle muss hier Corradino d’Ascanio genannt werden, der 1946 die revolutionäre Vespa für Enrico Piaggio entwarf, die sofort die Zweiradwelt für immer veränderte. D’Ascanio hatte zuvor mit Ferdinando Innocenti über seine Pläne gesprochen, doch erst nach der Realisierung von D’Ascanio’s Konstruktion bei Piaggio betraute Innocenti den Ingenieur seiner Wahl, Pierluigi Torre, mit der Konzeption eines eigenen Scooters, der Lambretta.
Als sich der sofortige Erfolg der neuen Konzepte in Italien nicht mehr ignorieren ließ, setzte ein weltweiter „Run“ auf Scooter ein. Wer nicht rechtzeitig so ein Fahrzeug marktgerecht entwickelte, verschenkte fahrlässig Marktanteile an seine Wettbewerber, und so kam es schon bald nach der Währungsunion in der Bundesrepublik und nach der Aufhebung der ursprünglichen Fahrzeug-Produktions-Beschränkungen durch die Alliierten zur Vorstellung der ersten Scooter oder „Motorroller“, wie man sie bald im deutschsprachigen Kulturraum nannte.
Aus diesem geographischen Raum stammt auch unser Fahrzeug des Monats Oktober 2005, aber natürlich handelt es sich nicht um ein deutsches Fabrikat.
Wir möchten also unseren Freunden dieser Rubrik im www.classic-motorrad.de – Forum folgende Fragen stellen:
- Wer produzierte diesen „Scooter“?
- Geschichte dieser Marke?
- Details zu diesem Modell, wie zum Beispiel technische Hinweise zu Motor, Fahrwerkstechnik, Produktionszeitraum, etc?
- Weitere Modelle dieses Herstellers?
Wie immer gelten die Hinweise, die im vergangenen Monat noch einmal detailliert erläutert wurden.
www.classic-motorrad.de wünscht wieder viel Spaß bei der Recherche!