Monsieur "Patsch" der (verhinderte) Krankenwagenfahrer

  • Hallo Leute,
    die folgende Geschichte wollte ich Euch schon laenger mal erzaehlen.
    Im Winter 1980/1981 konnte ich dank der tatkraeftigen Hilfe meines Sponsors Manfred R. endlich eine "richtige" Rennmaschine erwerben, nach all den Jahren mit nicht konkurrenzfaehigem Material. Es war die TZG 350 von Mladen Tomic aus der Deutschen Meisterschaft. Wooww! Von nun an gabs aber auch keine scheinheiligen Entschuldigungen mehr. Von wegen "keine Leistung" oder "schlechtes Fahrwerk".
    So planten wir mit unserem kleinen Racing Team die Saison im Maerz in Ledenon / Suedfrankreich zu beginnen. Wir machten uns also mit mehreren Autos, Wohnwagen und Wohnmobilen auf die Reise. Wer diese Stecke kennt, der weiss dass es da einige Kurven hat, die es in sich haben. Aber wir hatten ja eine ganze Woche Zeit, so haben wir es erstmal ruhig angehen lassen und haben auch abends den guten franzoesischen Landwein im Wohnmobil genossen.
    Leider wurde es abends doch noch ziemlich kuehl, so dass bei mehreren Gelegenheiten der elektrische Heizluefter zum Einsatz kam. Unser Bordnetz war ueber einen Schaltkasten an das Netz des Start-Zielhauses angeschlossen, wo es auch ein Restaurant gab. Aber irgenwie war wohl unser aller Strombedarf zu hoch, so dass fast jeden Abend irgendeine Sicherung rausflog und ein aelterer Mann von der Rennstreckenverwaltung aufgeregt durchs Fahrerlager lief und die Haende ueber dem Kopf zusammenschlug und immer wieder "Patsch" rief. Er wollte uns wohl bedeuten dass wir die Stromgeraete ausschalten sollten. Dieser Mr. Patsch konnte natuerlich kein Deutsch und keiner von uns konnte Franzoesisch. So verbrachten wir die Abende zwischen molliger Waerme und eisiger Kaelte, je nachdem wie es das Stromnetz verkraftete.
    Nun hiess es aber auch tagsueber auf der Strecke Leistung zu zeigen und die Rundenzeiten zu verbessern. Es war wohl am vierten Tag, morgens so gegen 11 Uhr, als wir unseren mitgebrachten Fotografen in eine Haarnadel Links stellten um ein paar Aufnahmen zu machen. Irgendwie habe ich mir gedacht, dass ich also in diesem Eck besonders schnell sein muesste. So kam es wie es kommen musste. Nach ein paar Runden war ich der schnellste Mann auf der Strecke und insbesondere in dieser verflixten Links.
    Irgendwann habe ich es uebertrieben und am Ausgang viel zu heftig beschleunigt und habe dann mittels Highsider in hohem Bogen abgesattelt. Der Fotograf war so erschrocken dass er nicht mal ein Foto von meinem Sturz gemacht hat. Ich bin also durch die suedfranzoesische Luft geflogen und irgendwann sehr hart auf dem rechten Fuss gelandet. Ich konnte zwar noch wieder kurz aufstehen, dann waren die Schmerzen aber doch zu gross und ich bin dann liegengeblieben. Was also war zu tun ? Ich musste schnell ins Krankenhaus um den wohl arg laedierten Fuss roentgen zu lassen.
    Der Betrieb auf der Strecke war erstmal lahmgelegt was auch unser Mr. Patsch mitkriegte und als er sah dass es einen Verletzten gab, rannte er geschwind zu einem alten, verrosteten Citroen DS Break (wer kennt sowas noch ?), der sogar ein paar rote Kreuze aufgemalt hatte. Uns war der Wagen schon vorher aufgefallen, haben ihn aber fuer einen Schrottwagen gehalten. So wollte mich doch dieser Mr. Patsch allen Ernstes in dieser klapprigen Kiste ins Krankenhaus fahren. Doch wie zu erwarten, sprang der Motor dieses Museumstuecks nicht an und unser Mr. Patsch, der wohl gerne geholfen haette, musste mit ansehen wie ich schliesslich in einen unserer PKW verfrachtet wurde, der mich zusammen mit einem Begleiter, der ein paar Worte franzoesisch sprach in naechste Krankenhaus brachte, ich glaube es war die Uni Klinik in Nimes. Dort angekommen wurde ich ruehrend von ein paar huebschen Krankenschwestern umsorgt. Sogar rauchen durfte ich, obwohl dies natuerlich ueberall streng verboten war. Es wurden ein paar Roentgenaufnahmen gemacht, die belegten dass ich einen sauberen Mittelfussbruch erlitten hatte.


    So war natuerlich die Woche gelaufen und zu Hause in Darmstadt hat sich mein Arzt gefreut dass er wieder Arbeit hatte. Als wir dann kurz vor Saisonbeginn waren und ich immer noch mit Gips herumlief, bin ich (mit einer Z550 Kawa) zum Doc gefahren und habe ihm meinen mitgebrachten rechten Schuh auf die Theke gestellt. Er hat dann auch sofort verstanden und mir den Gips (viel zu frueh) aber noch rechtzeitig vor dem ersten Rennen abgenommen.


    Jahre spaeter war ich noch einmal in Ledenon und als ich die Strecke abging und zu "meiner" Haarnadel Links kam, lagen da doch tatsaechlich noch Reste meiner gelben Rennverkleidung im Gras...
    Da kamen natuerlich nochmals Erinnerungen an die wilden Zeiten von damals hoch.


    Gruesse an alle Racer von Locke aus Kolumbien