SAC-Revival mit Schikanen:

  • Frust am Neuhausener Flugplatz



    Ohne streckenführende Schikanen aus Strohballen oder Gummihüte kommen auch Präsentationsläufe mit historischen Rennmaschinen nicht aus. Sonst ging’s ja nur über bolzgerades Flugfeld! - So war’s dann auch beim SAC-Revival am ersten Oktoberwochenende auf dem Flugplätzchen Neuhausen bei Tuttlingen. Doch das gut gedachte Oldie-Fest war leider von Schikanen einer ganz anderen Art überzogen. Die aufwändige Veranstaltung konnte deshalb leider nur begrenzt amüsant sein.


    Vorweg: Der Schwarzwälder Automobilclub (SAC) Villingen-Schwenningen ist ein erhabener Traditionsclub im ADAC. In seinen Reihen finden sich viele Lizenzfahrer in fast allen Disziplinen des Motorsports. Als Ausrichter gelungener Veranstaltungen in Sport und Geselligkeit hat der SAC zudem besten Ruf. So gab es Anfangs der 50er-Jahre Motorrad- und Autorennen im Schwenninger Stadtteil Hammerstatt. Bis zu 17.000 begeisterte Zuschauer waren damals dabei! Namhafte Fahrer zierten die Teilnehmerlisten: Gerhard Mitter (sen.), der spätere PORSCHE-Werksfahrer und Seriensieger, war in Schwenningen noch auf einer NSU-Rennfox am Start, Kurt Ahrens aus Braunschweig auf einem PORSCHE 550 Spyder („James Dean-Spyder“) und gar der Fürst von Fürstenberg auf dem legendären Daimler-Benz- „Flügeltürer“. Hammerstatt, das war in der damals weltgrößten Uhrenstadt Schwenningen einfach Kult! An diese große Zeit des Schwenninger Motorsports hat dann ab 2000 das „Hammerstatt-Revival“ erinnert. In mehreren Auflagen im Schwenninger Industriegebiet Ost ausgetragen. Neben zahlreichen Fahrern aus ganz Deutschland, aus der Schweiz, aus Österreich und aus Frankreich präsentierten auch frühere Werks- und Weltklassefahrer ihre ehemaligen Rennmaschinen als rollendes Museum technischer Kulturgüter. Weltmeister und Deutsche Meister im Motorradrennsport hatten sich zum Revival in Schwenningen eingefunden: Luigi Taveri, Phil Read, Dieter Braun, Jim Redman und andere Grand Prix-Piloten unterstrichen die Bedeutung des Revival. Die Oberbürgermeister der Doppelstadt Villingen-Schwenningen standen gar mit Grußworten voll hinter der Historik-Veranstaltung. Tausende Besucher waren beim Revival immer begeistert. Namhafte Unternehmen aus der Region engagierten sich gerne als freundliche Förderer. Doch Probleme blieben selbst hier nicht aus: Innerhalb des entfernt der Wohnbesiedelung liegenden Viereckkurses sind eben auch Firmen ansässig, die auf einträgliche Samstags-Geschäfte nicht verzichten wollten. So etwa ein Möbelgeschäft mit Auslieferungslager. Die mühsame Suche nach einer Ausweichstrecke führte die SAC-Verantwortlichen schließlich zur Flugplatzpiste bei Neuhausen ob Eck, einem ehemaligen Platz der Bundesluftwaffe.


    Weit außerhalb des Dorfes gelegen, schien vermeintlich eine protestsichere Alternative gefunden. Zumal just hier gelegentlich ein äußerst lärmintensiver Krawall-Event tobt, ein „Open Air“ mit bekannt leidigen Begleiterscheinungen, die aber offenbar keine Behörde aufschrecken. Ein Revival müsste sich da vergleichsweise wie ein getragenes Kirchenkonzert ausnehmen, durfte man meinen. Doch weit gefehlt. Offenbar wird mit zweierlei Maß gemessen, mussten die SAC-Macher alsbald feststellen! Schon allein der bloße Antrag auf Genehmigung der Präsentationsläufe sowie die Erlaubnis zur Durchführung eines Oldtimer-Auto-Corso mit krebserkrankten Kindern scheine böse Beißreflexe ausgelöst zu haben. Sofort habe sich eine Allianz der Bedenkenträger formiert. Bestehend aus misslaunigen Gemeinderäten, dem willfährigen Bürgermeisteramt, dem ebensolchen Landratsamt sowie aus permanenten Beschwerdeführern im Dorf und aus dem kommerziellen Flugplatzbetreiber. Die schließlich mühsam errungene, „Durchführungsgenehmigung“ war mit schikanösen Auflagen und Bedingungen verknüpft. Die jedenfalls schienen planmäßig geeignet, Fahrern, Besuchern und Organisatoren den Spaß gründlich zu vermiesen.


    Vor Ort wurde dann ein kritischer Fragenkatalog diskutiert: Kann es wirklich wahr sein, dass der Flugplatzbetreiber beim Revival-Veranstalter astronomische Benutzungsgebühren abzockt, den Platz dann aber gleichzeitig mit intensivem Flugbetrieb selbst nutzt? Darf es wirklich wahr sein, dass ein paar gelangweilte Sonntagsflieger mit ständigen Starts- und Landungen eine Großveranstaltung durch erzwungenen Abbruch der Läufe aushebeln dürfen? Kann es wirklich wahr sein, dass die Allianz der Bedenkenträger doch tatsächlich an beiden Veranstaltungstagen einen Geräuschspion von der Leine lässt, der an wechselnden Standorten rund um die Strecke auf Horchposten geht? Darf es wirklich zulässig sein, dass die gar mit einem bedauernswerten Todesfall verbundene Krawallveranstaltung „Open Air“ auf dem Flugplatz ohne Geräuschmessungen beben darf? Dass die Nachtruhe in umliegenden Gemeinden gestört werden darf, die Landschaft vermüllt, verlärmt und versaut werden darf? Kann es sein, dass die fetten Einnahmen aus den Krawalltagen und Radaunächten jede Vernunft der Entscheidungsträger eintrüben? - Viele Fragen blieben offen. Bis hin zum Sachkern, mit welcher Berechtigung ein bedeutender Automobilclub so nachrangig behandelt werden darf.


    Trotz allem wurde beim SAC-Revival auf der Piste auch tatsächlich gefahren und im beheizten Festzelt nachhaltig gefeiert! Heizung war geboten! Samstag: Kalt und dauerregnerisch nass. Sonntag: Ziemlich trocken und sehr kühl. Am Horizont das bereits tief verschneite Panorama der Alpen (wo bleibt nur diese Erderwärmung?). Besucher wurden von außenliegenden Parkplätzen per Pendelbus in die Zuschauerzonen an der Strecke gebracht. Hier konnte wegen ihrer Entfernung zum Geschehen das aus vorausgehenden Veranstaltungen gewohnte Hammerstatt-Gefühl der direkten Nähe nicht mehr so hautnah erlebt werden. Zwölf Präsentationsläufe standen an beiden Tagen in Neuhausen auf dem Programm, plus Veteranen-Corso und Auto-Corso mit krebserkrankten Kindern an Bord. Gleichwohl musste der Lauf „Meisterklasse“ wegen hochgemessenem Geräuschpegel vom Vortag dann am Sonntag ersatzlos abgeblasen werden (siehe Kapitel „Schikanen“). Schade! – Luigi Taveri, dreifacher Weltmeister, Heiner Butz und Lothar John, jeweils mehrfach Deutsche Meister sowie weitere Weltklassefahrer der goldenen Zeiten des Motorrad-Rennsports waren zwar vor Ort, durften aber nicht fahren. So auch Horst Burkhardt, Lokalmatador aus Hechingen, dreifacher WM-Vize in den 60ern im Gespann-Rennsport, zusammen mit Fritz Scheidegger und Florian Camathias, beide aus der Schweiz. – Motorsport als völkerverbindendes Element, damals wie heute: Rund 50 Prozent waren in manchen Starterfeldern aus der Schweiz, dazu kamen auch wieder Fahrer aus Frankreich und aus Österreich. Hat denn da die definierte Bedenkenträger-Alllianz gar auch in unseren Nachbarländern zusätzlich Imageschaden verursacht? – Ungeachtet dessen: Im Feld der historischen Rennmaschinen bis 125ccm war der Anteil der kleinen MAICO 125 RS erneut bemerkenswert hoch. Fast wie einst bei den Ausweisfahrern.


    Doch wie soll es nun mit dem SAC-Revival weitergehen? Diese Frage wurde wegen der schikanösen Genehmigungs-Auflagen auch im Fahrerlager nachhaltig diskutiert. Die künftig großräumige Umfahrung der Gemeinde Neuhausen ob Eck bei Tuttlingen sei wohl doch nicht die geniale Lösung, schon gar nicht für die ansässige Geschäftswelt – meinten die eher auf Ausgleich bedachten Gemüter. Aber selbst die waren ob der lokalen Ablehnungsfront sehr nachdenklich und verärgert. Wohl sei Neuhausen in seiner ländlichen Abgeschiedenheit bäuerlich geprägt, weshalb auch das stattliche Bauerndorf-Freilichtmuseum gerade hier völlig richtig platziert sei. Doch gerade im Auto- und Motorradland Baden-Württemberg mit seiner technischen Industrie könne man diese bedeutende Branche und ihre im Revival dargestellte Historie nicht einfach verdrängen. Außerdem sei die Missachtung der monatelangen, aufwändigen Organisationsarbeit der Revival-Verantwortlichen mehr als unanständig. Merke: Ein internationales Revival hat mit seinem kulturhistorischen Hintergrund eine höhere Bedeutung als eine dörfliche Karnickelschau!



    Text: Friedbert Morsch

  • Eigentlich möchte ich hier nicht auf die SAC-Veranstaltung direkt eingehen (war selber auf dieser Veranstaltung und allen vorangegangenen Revivals in Villingen-Schwenningen), sondern nur einmal anmerken, dass sich bei mir der Eindruck breitmacht, dass bei manchen Beirägen hier doch nach meiner Meinung, eine etwas eigenartige Einstellung feststellbar ist. Für das Hobby "Rennsport mit Motorradoltimern - und sei die Maschine eine noch so neue Replica" wird von allen und jedem Toleranz und Verständnis eingefordert. Gegenüber anderen Veranstaltungen fallen dann jedoch Ausdrücke wie "lächerliche Römerveranstaltungen mit entwüdigenden Schaukämpfen" oder "Krachevent mit bekannt leidigen Begleiterscheinungen" für ein Open-Air-Konzert. Friedbert Morsch ist sich sogar nicht einmal zu schade, den tragischen Tod eines Rettungssanitäters bei einem Unwetter während des South-Side-Festival heranzuziehen. Schon mal die Frage gestellt, wie viele Fahrer dieses Jahr bei Motorsportveranstaltungen (auch historischen) ihr Leben verloren haben? Was hätte vor Jahren in Villingen-Schwenningen passieren können, als ein Funktionär mitten in die Gespanne gerannt ist? Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen! Ich erwarte von anderen, dass sie aktzeptieren, dass ich trotz dem hohen Unfallrisiko seit vielen Jahren mit dem Motorrad unterwegs bin (und das auch bei Regen und im Winter), Renn- und Oldtimerveranstaltungen besuche, meine Freude auch an Rockmusik und dem einen oder anderen Ritterturnier und Römerfest habe und lasse dafür meine Mitmenschen ihren Spass an Volksfesten, Volksmusik, Volksmärschen und sonstigen Vergnügungen. Bei der Durchführung von Veranstaltungen wie dem SAC-Revival geht es doch eher um die richtige Argumentation (und dazu gehören auch Fragen, wie ob sich 750ccm Rennmaschinen aus den 1970iger Jahren noch mit dem Schottenring-GP vertragen, offene Auspuffrohre an irgendwelchen Replicas zeitgemäss sind oder eher die Schmerzgrenze überschreiten sowie die Teilnahme von aktuellen Sportwagen am "Schwäbisch-Hill-Event" inTübingen? Argumente wie "Kulturgut" und Großveranstaltung (bei dem kleinen Häufchen an Fahrern und Besuchern in Neuhausen) und das Verunglimpfen anderer Freizeitbetätigungen sind sicherlich, wenn es um den Fortbestand dieses Hobbys geht, sicherlich nicht die große Hilfe.


    Jochen