Wenn ich heute darüber nachdenke, was mich vor vierzig Jahren so sehr beeinflusst hat, dass mein erstes motorisiertes Straßenfahrzeug auf keinen Fall ein Auto sein sollte, sondern ein richtiges Motorrad. Dann war es diese goldmetallicfarbene Honda CB750 Four. Damals für mich eine Offenbahrung in Chrom und Aluminium, der Inbegriff und die Definition eines Motorrades.
Es war eine düstere Motorradzeit Ende der Sechziger Jahre, denn in den Köpfen der Leute waren alle Motorräder schwarz, was bis auf wenige Ausnahmen auch stimmte. Motorradfahrer wurden pauschal als undurchsichtige Rabauken abgestempelt, denen man besser aus dem Weg ging. Ein Disco-Besuch in der Provinz als Motorradfahrer mit Lederjacke war nicht überall möglich. Wer noch Motorrad fuhr, konnte sich wohl keinen VW Käfer oder Opel Kadett leisten, so die Meinung vieler.
Der Motorradfahrer hatte es nicht leicht, sich als normalen Menschen mit einem Hobby darzustellen, welches Spass machte und einen noch von A nach B brachte. Alle waren froh, endlich nicht mehr mit ungenügender Bekleidung auf untermotorisierten DKW RT 125 oder NSU Fox sitzen zu müssen. Das Motorrad war schlicht und einfach out! Demzufolge hatten ehemals große deutsche Motorradmarken wie z.B. NSU, Zündapp und Horex die Motorradproduktion eingestellt. Nur BMW hielt sich recht und schlecht mit sehr kleinen Stückzahlen über Wasser. Augenscheinlich gab es keine Zukunft für jegliche Motorräder in Europa.
Ganz anders in Japan, die dortige junge Motorradindustrie war überzeugt davon, dass das Motorrad als Sport- und Freizeitinstrument den Durchbruch schaffen würde. Allen voran Honda mit einer Vielzahl von Modellen in den unteren Hubraumklassen bis 450 ccm. Man erstaunte die Fachwelt mit filigraner, leistungsfähiger und robuster Motorentechnik.
Honda hatte in wenigen Jahren auf den Rennstrecken weltweit in allen Hubraumklassen dominiert und war 1967 komplett aus dem Rennsport ausgestiegen. Das gesamte Rennteam und die hochqualifizierten Entwicklungsingenieure waren plötzlich ohne Arbeit. Aber Soichiro Honda hatte eine besondere Aufgabe für die Konstrukteure der schnellsten Vierzylinder-Rennmaschinen der Welt.
Wegen des Drucks aus den USA, endlich eine große Serienmaschine auf den Markt zu bringen, die dann auch als rennfähiges
Motorrad an diversen publikumswirksamen Veranstaltungen teilnehmen sollte, gab Honda grünes Licht. Die Vorgaben im Lastenheft waren simpel, es sollte einfach alles besser sein, als die Konkurenz es anbot.
Die überaus motivierten jungen Entwickler und Konstrukteure hatten freie Hand und alle Mittel und Möglichkeiten wurden genutzt.
Was dann als fertiges Motorrad 1968 auf der Motor Show in Tokio präsentiert wurde, übertraf alle Erwartungen und Vorstellungen. Genauer gesagt, die neue Honda CB750 Four schlug ein, wie eine Bombe. Den Fachleuten fehlten damals die Worte für eine passende Beschreibung. Die CB750 war einzigartig, eine Sensation, es gab zu der Zeit nichts Vergleichbares. Ein wunderschöner quer im Rahmen eingebauter Reihen- Vierzylindermotor mit vier einzeln zum Heck geführte Chrom-Auspuffrohre ziehen die Blicke an. Wo man auch hinschaute, die gesamte Technik war harmonisch zu einem Ganzen zusammengefügt. Ein Meilenstein des Motorradbaus wurde mit der CB750 Four gesetzt und ab hier begann ein neues Zeitalter. Das Motorrad als Spass- und Freizeitgerät wurde in Amerika durch witzige Werbung " You meet the nicest people on a Honda!" vermittelt. Die US-Amerikaner nahmen es an und dankten es Honda mit der Abnahme von riesigen Stückzahlen in allen Hubraumklassen.
Die Honda CB750 hat auf der ganzen Welt einen Motorradboom ausgelöst. Eine Initialzündung für viele Motorradhersteller weiter zu produzieren und neue Modelle zu entwickeln. Eine Aufbruchstimmung allerorten. 1968 ging ein Ruck um die Welt, begründet durch den Mut und die Tatkraft eines Mannes, Soichiro Honda.