Grand Prix de Bösenbiesen: Erlebnisbericht

  • Seit über 20 Jahren wohne ich nun im Südwesten der Republik und es ist mir äußerst peinlich, wenn ausgerechnet ein Freund aus Lüdenscheid im fernem Sauerland mich darauf hinweisen muß, daß es im nahen Elsaß neben Barr und Gashney noch ein Klassik Rennen gibt: Den „Grand Prix de Bösenbiesen“.


    Wo das liegt ? Im motorradtechnischem Niemansland, der ungeliebten Rheinebene zwischen Vogesen und Schwarzwald. Wäre Gott Motorradfahrer, er hätte uns nicht diesen flachen Graben geschaffen, den man entweder schwitzend wie ein Büffel, oder naß wie ein Pudel leidenschaftslos durchfährt.


    Dennoch galt es diese Lücke zu schließen und zunächst steht ja auch eine äußerst reizvolle Schwarzwaldquerung bevor. Die Plakate, mit denen der rührige „MC Barr“ für de Veranstaltung wirbt, sollte man allerdings nicht überbewerten, statt voller Ränge und 4 Zylinder Gileras finden wir lediglich ein verschlafenes Nest vor. Die Zuschauerzahlen am Samstag bewegen sich im 2-stelligem Bereich, eine Gilera kann man auf dem Parkplatz allenfalls in Rollerform bewundern.


    Immerhin ist ein beeindruckendes Bierzelt vorhanden. Dort wird „Cronenbourg“ gereicht, über den Geschmack wollen wir uns nicht beschweren in Zeiten, wo wir alle zu Hause auch nur „Öttinger“ im Keller vorhalten.


    Gefahren wird auf allem, was zwei oder drei Räder hat. Auch eine 200er Honda ist dabei, dass fuhr mal ein Studienkollege von mir, aber nicht, weil er Rennen damit gewann, sondern weil er als bekennendes DKP Mitglied seine Nähe zur Arbeiterklasse zur Schau stellen wollte. Nebenbei fehlte Ihm auch einfach das Geld zum Auto.


    Aber auch feinstes Gerät war zu sehen, Norton Manx, Hondas, die brüllen wie eine MV und sogar ein Königswellen BMW Gespann in wunderbar speckigem, ungepflegtem Allgemeinzustand. Ich sehe auch gerne diese topsauber aufgebauten Motorräder im Sinne des deutschen Veteranenverbandes, aber so ein verbrauchtes Gesamtkunstwerk hat auch etwas.


    Die Rennatmosphäre leidet etwas unter einer Tempobegrenzung auf 50 km/h in den Ortschaften: Die Akteure knallen voller Leidenschaft auf Bösenbiesen zu und werden dann durch Schikanen und Hinweisschilder auf dieses unwürdige Tempo heruntergebremst. Immerhin schienen es die Fahrer mit dieser Erziehungsmaßnahme am Sonntag nicht mehr so genau zu nehmen und zeigten gewohnt sauberen Sport.


    Meinem Sohn (12) gefielen die als „Spectacel“ angekündigten Stunt Darbietungen auf abgehalfterten Suzukis sehr gut, wenn auch so manches „Wheelie“ nicht so ganz gelingen wollte.


    Zum Nachtleben in Bösenbiesen kann ich nicht viel sagen, mein Frau
    war dabei und die vermeidet unnötiges Zelten wo immer Sie Gelegenheit dazu findet.


    Bei der Rückfahrt hatte ich noch die Befürchtung, trockenen Fußes nach Hause zu kommen, ein im deutschem Sommer ungewohntes Gefühl. Doch der Himmel hatte ein Einsehen und überschüttete besagten Rheingraben mit kräftigen Schauern. Als ich in einer Regenpause mein Gespann entschlossen auf 180 km/h beschleunigte, flog mir das Gestänge vom Verdeck davon, was mir zum Schluß noch einen ernsthaften Ehestreit eintrug: Meine Frau hatte das Unheil kommen sehen, ich aber auf Ihre verzweifelten Hinweise nicht reagiert.


    Insgesamt ein schönes, rundes Klassik Wochenende.


    Gruß


    Stefan